Imagewechsel:Inszenierte Idylle im Gazastreifen

Palestinians enjoying the hot weather at a beach

Palästinenser baden am Strand von Gaza-Stadt.

(Foto: dpa)

Ein atemberaubender Strand und schicke Apartments - in einem Video verpasst die Hamas dem Gebiet ein neues positives Image. Das hat einen einfachen Grund.

Von Peter Münch

Die Parks in sattem Grün, die Pools marineblau, dazu ein atemberaubender Strand und die perfekte Infrastruktur samt Universitäten, Krankenhäusern und schicken Apartments: Kein Wunder, dass die Menschen in dieser Idylle fröhlich in die Kamera lachen und Schilder hochhalten, auf denen sie die Schöpfer dieser schönen neuen Welt preisen. "Danke Hamas", steht darauf zu lesen. Denn niemand anderes als die Herrscher des Gazastreifens sind für dieses prosperierende Paradies verantwortlich.

Streng genommen haben sie zwar nicht diese Welt, sondern nur ein zweieinhalbminütiges Video erschaffen, in dem der palästinensische Küstenstreifen als nahöstlicher Tigerstaat erscheint. Aber immerhin hat die Hamas damit in Sachen Propaganda einen Neuanfang gewagt. Bislang beschränkten sich ihre nach Art der Stalinorgel abgefeuerten Videoclips auf Märtyrer-Hymnen oder martialische Drohungen gegen Israel.

Nun gilt die Konzentration den schönen Dingen des Lebens, dem lockeren Lifestyle für bärtige Männer und Kopftuchfrauen. Obendrein wirkt das Video auch noch wie ein Friedensangebot an den Erzfeind: Denn wer wollte Israel nach diesen Bilder noch vorwerfen, mit der Blockade-Politik den Gazastreifen zu einem verarmten Freiluftgefängnis gemacht zu haben? "Danke Hamas" dürfte man nun auch in Jerusalem sagen.

Kein Platz für schlecht gelaunte Klagen

Einen Grund für dieses Fantasy-Filmchen gibt es natürlich auch: Im Oktober stehen zum ersten Mal seit elf Jahren wieder Kommunalwahlen an in den Palästinensergebieten. Die Hamas hat ihre Beteiligung zugesagt. Für schlecht gelaunte Klagen ist in einem weichgespülten Wahlkampf wenig Platz, das haben die Islamisten wohl vom Westen gelernt. Nun also wollen sie zeigen, wie erfolgreich ihr Wirken im Gazastreifen ist.

Die Zielgruppe aber dürften vor allem die Wähler im fernen Westjordanland sein. Dort regieren die verfeindeten Brüder von der Fatah, und die Menschen murren seit Langem über deren Korruption und Untätigkeit. Wer dagegen in Gaza nachfragt, wie das neue Hamas-Video ankommt, der hört die einen bitter lachen und die anderen böse schimpfen.

Wer es noch nicht gesehen hat, kann sich höchstens auf die ständigen Stromausfälle berufen. Die anderen verweisen darauf, dass der Gazastreifen vor der Hamas-Machtübernahme über einen Flughafen verfügte und ein Seehafen in Planung war. Es gab eine offene Grenze nach Ägypten und Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Knapp zehn Jahre und drei Kriege später liegt vieles in Trümmern: Das Trinkwasser ist verschmutzt, die Arbeitslosenquote beträgt offiziell 44 Prozent und eine Million der 1,8 Millionen Einwohner sind auf humanitäre Hilfe aus dem Ausland angewiesen. Die UN warnen, dass der Gazastreifen schon 2020 unbewohnbar sein könnte. Von diesem Elend ist nichts zu sehen im Video - dank der Hamas.

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