Gaza unter Beschuss:Israel stellt sich auf langen Krieg ein

Mehr als 300 Menschen sind bei Militäroperationen im Gaza-Streifen gestorben. Unterdessen hat Israel Reservisten für den Kampf gegen die Hamas mobilisiert.

Thorsten Schmitz, Tel Aviv

Israel hat einen Tag nach den massivsten Luftangriffen auf Ziele im Gaza-Streifen seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 am Sonntag der radikalislamischen Hamas mit einem Einmarsch von Bodentruppen gedroht. Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, die Armee sei zu einer solchen Offensive bereit. Israelische Medien berichteten, Panzer hätten Stellung am Rande des Gaza-Streifens bezogen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen forderte ein Ende der Gewalt.

Gaza unter Beschuss: Im Gaza-Streifen wird erneut gekämpft.

Im Gaza-Streifen wird erneut gekämpft.

(Foto: Foto: AP)

"Wenn es notwendig ist, Truppen aufmarschieren zu lassen, um unsere Bürger zu schützen, werden wir das tun", zitierte der Rundfunk Barak. Die Regierung beschloss, 6500 Reservisten zu mobilisieren. Barak lehnte Forderungen nach einem Waffenstillstand mit der Hamas ab. Ebenso wenig könnten die USA Frieden mit al-Qaida schließen oder hätte Deutschland sich dem Terror der RAF beugen können.

300 Tote, 1000 Verletzte

Premierminister Ehud Olmert sagte, der zu erwartende Krieg werde "lang, schmerzhaft und schwierig" sein. Bislang sind nach Angaben der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas durch die israelischen Vergeltungsschläge 300 Palästinenser getötet worden, darunter 180 Hamas-Mitglieder. Etwa 1000 Menschen wurden verletzt.

Israels Armee hatte die Palästinenser am Samstag mit Luftangriffen auf mehr als 200 Ziele überrascht, bei denen Trainingslager, Polizeiquartiere und Waffendepots der Hamas zerstört wurden. Die israelische Luftwaffe setzte am Sonntagabend ihre Angriffe auf Ziele im Gaza-Streifen fort. Die Hamas drohte mit einer dritten Intifada.

Israels Luftwaffe nahm auch Tunnel unter Beschuss. Sie sind eine der wichtigsten Versorgungslinien für die Hamas. Es habe Dutzende Explosionen in dem Gebiet an der Grenze zu Ägypten gegeben, berichteten Augenzeugen. Anschließend durchbrachen Hunderte Palästinenser die Grenze nach Ägypten. Sicherheitskräfte eröffneten das Feuer. Ein ägyptischer Major wurde bei einem Gefecht mit Palästinensern getötet, wie aus Sicherheitskreisen verlautete. Der Führer der radikalislamischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, versetzte die Kämpfer seiner Organisation in Alarmbereitschaft. Er verglich die Attacken auf Ziele der Hamas mit dem Libanon-Krieg im Sommer 2006, als die israelische Armee gegen die Hisbollah vorgegangen war.

Dringlichkeitssitzung einberufen

Palästinenserpräsident Machmud Abbas machte die Hamas für die schweren israelischen Angriffe mitverantwortlich. Seit dem Rückzug Israels aus dem Gaza-Streifen 2005 sind etwa 7000 Raketen auf Israel abgefeuert worden. Auch am Sonntag feuerte die Hamas mehr als 20 Kurzstreckenraketen auf Ziele in Israel ab. Verletzt wurde dabei niemand. Erstmals wurde eine Ortschaft getroffen, die mehr als 30 Kilometer vom Gaza-Streifen entfernt liegt. So weit reichte bisher noch kein Raketenangriff aus dem Palästinensergebiet. Am Samstag war ein Israeli durch eine Palästinenser-Rakete getötet worden.

Der UN-Sicherheitsrat forderte Israel auf, die Grenzübergänge zu öffnen und die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Die französische EU-Ratspräsidentschaft verurteilte die israelischen Bombenangriffe und auch den Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy warf Israel einen unverhältnismäßigen Gewalteinsatz vor.

Die USA mahnten zur Zurückhaltung. Ägypten und Jordanien verurteilten Israels Vorgehen. Ägyptens Außenminister Ahmed Abul-Gheit kündigte an, die Arabische Liga werde auf einer Dringlichkeitssitzung am Mittwoch eine Feuerpause zwischen Hamas und Israel verlangen.

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