Gauweiler zu Merkels Papst-Kritik:"Anständig war das nicht"

Protestantischer Papstfan: Der CSU-Politiker Peter Gauweiler verteidigt im SZ-Interview Benedikt XVI. gegen die Kritik der Bundeskanzlerin - dies sei "ignorant und kaltherzig".

Kassian Stroh

SZ: Was haben Sie gedacht, als Sie Angela Merkels Äußerungen zum Verhalten des Papstes lasen?

Gauweiler zu Merkels Papst-Kritik: Protestantischer Papstfan: Peter Gauweiler

Protestantischer Papstfan: Peter Gauweiler

(Foto: Foto: dpa)

Gauweiler: Ignorant und kaltherzig. Jetzt rudert sie zwar zurück und sagt, sie kenne die massiven Verurteilungen des Antisemitismus durch Papst Benedikt XVI. Aber dann hätte sie so eine Äußerung nicht machen können. Und kaltherzig, weil es ihre Absicht war, im großen Meinungskampf einen Punkt auf Kosten des Papstes zu machen. Das ist nicht die Aufgabe der Vorsitzenden der Christlich Demokratischen Union.

SZ: Ist solch ein Konfrontationskurs zur Kirche für eine christdemokratische Partei gefährlich?

Gauweiler: Gefährlich im Sinne, dass die Leute davonlaufen, ist es nur, keinen Kurs zu haben und zu lavieren. Von einer konservativen Partei erwartet man, dass sie unzweifelhaft auf Seiten des Judentums steht und den Hass bekämpft, den man Antisemitismus nennt. Als vor Jahren schon Johannes Paul II. die Juden als Brüder bezeichnet hat, als ältere Brüder - da war doch der ganze Schmutz, der sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt hat, wie weggeblasen.

SZ: Hätte Benedikt XVI. da nicht anknüpfen müssen?

Gauweiler: Das hat er doch getan, in Auschwitz genauso wie in der Synagoge von Köln. Jetzt schreiben alle über irgendeine Bischofsernennung in Österreich. Doch vor kurzem erst hat er in Würzburg einen Weihbischof ernannt, der als Pfarrer seine Glocken gegen eine Neonazi-Demo geläutet hat. Sicher: Es ist im Vatikan-Apparat ein grausiger Fehler passiert. Aber wie dieser Reinfall von Prälaten jetzt alles andere radikal verdrängt und man kein Wort der Verteidigung hört - das finde ich ungut und niederschmetternd.

SZ: Und daran hat sich auch die Bundeskanzlerin beteiligt?

Gauweiler: Daran hat sie mitgewirkt. Wirklich anständig war das nicht. Und ich erinnere mich auch noch, wie sich die politische Klasse um den Papst gedrängt hat, um an seiner Popularität Anteil zu haben. In seinen vier Jahren ist der Papst doch nicht nur den Lefebvre-Leuten entgegengekommen. So vielen hat er die Hand gereicht, in alle Richtungen: sogar den chinesischen Parteibischöfen - einfach um sie zusammenzuführen mit der moralisch ja überlegenen Untergrundkirche. Und er hat Hans Küng die Hand gereicht, als einem der Ersten in seinem Pontifikat. Wenn Medien-Staatsanwälte auf schuldig plädieren, braucht es doch auch Verteidiger, die Fehler einräumen, aber auch das unendlich Positive dieses Pontifikats benennen. Das wäre Aufgabe der Democratia Christiana. Und das müsste auch die Führung tun.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: