Gaucks Russland-Schelte:Andere Wortwahl, gleiche Absicht

Bundespräsident Gauck besucht Rheinland-Pfalz

Bundespräsident Joachim Gauck beim Europäischen Berufsbildungswerk in Bitburg (Rheinland-Pfalz). Zwei Tage zuvor hatte er in Danzig eine Rede gehalten, in der er Russlands Ukraine-Politik hart kritisierte.

(Foto: dpa)

Irritationen? Nein, die gebe es nicht, sagt die Bundesregierung - trotz der heftigen Vorwürfe von Bundespräsident Gauck in Richtung Putins. Merkel habe ähnlich gesprochen. Doch es gibt einen Unterschied.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Seit Bundespräsident Joachim Gauck im Amt ist, wird ihm ein schwieriges Verhältnis zur Bundeskanzlerin nachgesagt. Als neuer Höhepunkt der Irritation galt Gaucks Rede in Danzig, in der er Wladimir Putin scharf kritisierte. Bereits kurz danach wurde die Frage laut, ob und wann Gauck seine Rede eigentlich mit Angela Merkel abgestimmt habe.

Der Bundespräsident hatte am Montag mit Polens Präsident Bronisław Komorowski an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren erinnert. Mit Blick auf die Ukraine-Krise, die in Polen für große Unruhe sorgt, sagte Gauck: "Die Geschichte lehrt uns, dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern." Russland habe die Partnerschaft mit dem Westen "de facto aufgekündigt".

Die Sache mit der "Verteidigungsbereitschaft"

Fast gleichzeitig sagte die Bundeskanzlerin in einer Regierungserklärung: "Russland unternimmt den Versuch, bestehende Grenzen unter Androhung oder sogar unter Einsatz von Gewalt zu verschieben." Deutschland und seine Bündnispartner nähmen das russische Verhalten "nicht tatenlos" hin.

Bis hier unterschied sich Merkels Botschaft von Gaucks nicht.

Dann aber betonte die Kanzlerin, "dass es eine militärische Lösung des Konflikts nicht geben wird". Bei Gaucks Rede dagegen blieb bei vielen der Satz hängen: "Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen." Mancher verstand das als Drohgebärde.

Regierungssprecher Steffen Seibert war am Mittwoch sichtlich bemüht, den Eindruck zu vermeiden, es gebe einen Dissens zwischen Merkel und Gauck. Ihre Reden hätten beide eine ähnliche Zielrichtung: "Es mögen die Worte unterschiedlich sein, die Aussage, die Intention ist doch sehr vergleichbar."

An Absprache habe es nicht gefehlt, sagte eine Sprecherin des Bundespräsidenten: "Bundespräsidialamt und Bundesregierung tauschen sich im Vorfeld solcher Reisen intensiv aus." Bei manchen Mitgliedern der Bundesregierung allerdings habe Gaucks Satz von der "Verteidigungsbereitschaft" Verärgerung ausgelöst, war in Regierungskreisen zu hören.

Nicht wegen der Tonlage, sondern weil Gauck die Grenzen seiner Befugnisse überschritten habe.

Der Bundespräsident freute sich derweil über die "große Zustimmung", die er von Politikern erhalten habe. "Ich bin froh und glücklich über die Unterstützung, die ich erfahren habe, die kommt nicht nur aus der großen Koalition, sondern die geht weit darüber hinaus", sagte Gauck in Trier.

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