G 7 und Russland:Zwietracht säen

Im Ukraine-Konflikt bemühen sich die G-7-Teilnehmer um ein geschlossenes Vorgehen gegen Russland. Dessen Präsident Wladimir Putin meldet sich mit einem Interview zu Wort und beeinflusst den Gipfel mehr als andere.

Von Cerstin Gammelin und Julian Hans

In einer Beziehung gehört Russland ohne Frage zu den Großen, ganz gleich, ob Präsident Wladimir Putin eingeladen wird oder nicht: Moskau bestimmt mit, was die Welt beschäftigt. Welchen Akzent hat etwa Frankreichs Präsident François Hollande im Vorfeld des Treffens gesetzt? Im Unterschied zu ihm sitzt Putin zwar nicht mit am Tisch, seinen Diskussionsbeitrag hat er dafür pünktlich und gezielt per Zeitungsinterview geliefert.

Dem italienischen Corriere della Sera legte Putin noch einmal dar, dass Russland keineswegs ein Aggressor sei, sondern vielmehr nur reagiere. "Alles, was wir tun, ist nur eine Antwort auf die Bedrohungen, die an unsere Adresse ausgesandt werden", beteuerte er in dem Gespräch, das der Kreml am Samstag auch auf seiner Website veröffentlichte.

Das ist wohl die Kernbotschaft, die Putin den sieben Staats- und Regierungschefs nach Bayern sendet - damit sie darüber streiten. Der Konflikt um die Ukraine ist eines der zentralen Themen, bei dem sich die Teilnehmer abstimmen müssen. Und die einmal erreichte Einheit in dieser Frage ist keineswegs unerschütterlich.

Zwar gibt es zahlreiche Belege dafür, dass Moskau den Krieg im Donbass nicht nur mit Waffen, Aufklärung und dem Training von Kämpfern unterstützt, sondern auch Soldaten und Offiziere der russischen Armee dort kämpfen. Doch nach einem Jahr Sanktionen fragen sich einige, was diese eigentlich gebracht haben?

US-Präsident Barack Obama seinerseits ist mit dem Ziel nach Elmau gereist, die gemeinsame Linie von Europäern und Amerikanern im Umgang mit Russland zu halten. "Es ist sehr wichtig, dass nach diesem G-7-Treffen klar ist, dass die Welt in den Fragen dieser wichtigen Konsequenzen, die für Russland beschlossen wurden, mit einer Stimme spricht", betonte sein Sicherheitsberater Ben Rhodes.

Obama will die Allianz auffrischen. Putin versucht aus der Distanz, immerhin etwas Zwietracht zu säen. Ende des Monats müssen die 28 EU-Mitgliedstaaten im Europäischen Rat darüber befinden, ob die Sanktionen beibehalten werden. Die Europäer hatten im März vereinbart, die Entscheidung davon abhängig zu machen, ob die Minsker Vereinbarungen umgesetzt werden. In der vergangenen Woche haben die von Russland unterstützten Separatisten einen Angriff auf die Kleinstadt Marinka gestartet, die jenseits der Trennlinie liegt und von der ukrainischen Armee gehalten wird.

EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich daher am Sonntag gegen eine Lockerung der Sanktionen aus. "Wenn irgendeiner eine Debatte starten sollte über Veränderungen bei den Sanktionen, dann könnte es nur um eine Verschärfung gehen", sagte er kurz vor Beginn des Gipfels in Elmau.

Putin sandte mit seinem Interview noch ein weiteres Signal an die Welt: Die G 7 möge Russland ausgeschlossen haben, isoliert ist das Land deshalb aber keineswegs. Kommende Woche trifft er Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Der ist in Elmau besonders umworben, weil er als schwaches Glied in der Sanktions-Kette gilt.

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