G-8-Treffen in L'Aquila:Vom Gipfel zum Netzwerk

Mit Italien, dafür ohne China und Indien sind die G 8 ein Überbleibsel aus dem 20. Jahrhundert. Aber wichtig ist nicht, wer dabei ist, sondern was dabei herauskommt.

Stefan Kornelius

Wann immer sich die G-Staaten dieser Welt treffen, zanken sie erbittert darum, wer genau teilnehmen darf am Palaver. Format nennt man das im Diplomatenjargon, und der Format-Fetischismus wird gerade jetzt besonders exzessiv ausgelebt.

G-8-Treffen in L'Aquila: Bei Staaten gilt die alte deutsche Vereinsregel: Gibt es erst mal ein Sekretariat, dann stirbt der Klub auch nicht. Deshalb wird die G8 ihre Bedeutung nicht verlieren.

Bei Staaten gilt die alte deutsche Vereinsregel: Gibt es erst mal ein Sekretariat, dann stirbt der Klub auch nicht. Deshalb wird die G8 ihre Bedeutung nicht verlieren.

(Foto: Foto: dpa)

Am Mittwoch tagt die Gruppe der acht, später die erweiterte G 8, dann die acht plus ihre Freunde aus den Entwicklungsländern, und irgendwann werden sich auch die G 20 treffen, die eigentlich G 22 oder G 24 sind. Früher wurden Kriege um Stärke und Vorherrschaft ausgefochten, heute soll sich die Bedeutung offenbar vom Protokoll ablesen lassen.

Lässt sich aber nicht, denn Format ersetzt keine Substanz. Bedeutend im internationalen Staatengeschäft ist, was Ergebnisse liefert. Wo also werden Beschlüsse zum Klima gefasst und auch umgesetzt? Wer ordnet die Finanzmärkte und hält sich auch an die neuen Regeln? Wer koordiniert am sinnvollsten den Umgang der Staatenwelt mit Iran? Für jedes Problem gibt es eine andere Lösung, und die heißt dann eben G 8 oder G 20 oder Drei plus Drei.

Politik nach dem Facebook-Prinzip

Hinter dem Zahlen-Zinnober steckt die Erkenntnis, dass in einer vernetzten Welt diejenigen am meisten Gefolgschaft (und damit Einfluss) haben, die sich geschickt verknotet haben. Staaten unterscheiden sich da nicht von Schulkindern auf dem Pausenhof, die mit Facebook-Freundschaften handeln. Die USA wissen seit George W. Bush, dass nicht militärische Macht, sondern moralische Unterstützung aus der ganzen Welt Überlegenheit verschaffen.

Wird die G 8 also sterben, weil sie aus dem vorigen Jahrhundert stammt, China und Indien nicht an Bord sind und Italien längst nicht mehr dazugehört? Nein, selbstverständlich nicht, weil Netzwerke nicht überflüssig sind, so lange sie Ergebnisse liefern. Die G 8 sind ein eurozentrischer Klub, und die Europäer wären schlecht beraten, wenn sie ihr Freundschafts-Gremium aufgäben in einer Zeit, in der sich in Zentralasien neue Allianzen bilden und die G-20-Staaten selbstverständlich das Bedürfnis der aufstrebenden Mächte wie Indien und China nach Mitsprache befriedigen.

Außerdem gilt bei Staaten die alte deutsche Vereinsregel: Gibt es erst mal ein Sekretariat, dann stirbt der Klub auch nicht. Die G 8 ist eine Institution, sie hält gewichtige Beamte, Scherpas genannt, das ganze Jahr über beschäftigt. Da werden Arbeitsaufträge verteilt und Stäbe beschäftigt und Ergebnisse kontrolliert.

Keiner will den Querulanten geben

Vor allem aber herrscht ein großer Konsensdruck: Bei nur acht Staaten mag keiner den Querulanten geben. Der G 8 wohnt also ein heilsamer Mechanismus inne, was man von einem Bündnis mit 20 Staaten nicht behaupten kann, wenn es nicht zufällig gerade unter der weltgrößten Wirtschaftskrise ächzt.

Die wichtigste Regel für das moderne Gipfelzeitalter heißt also: Es gibt keine Regel, such dir deine Allianzen, bilde Mehrheiten. L'Aquila mag die Großen der Welt einsaugen und wieder ausspucken - wichtig ist, dass sie am Ende die gleiche Sprache sprechen.

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