G-8-Gipfel:Schwellenländer lehnen konkrete Klimaziele ab

Industriestaaten und Entwicklungsländer haben sich beim G-8-Gipfel in Toyako nicht auf konkrete Ziele für eine Reduzierung der Treibhausgase verständigen können. Sie bekräftigten lediglich ihren Willen zur Zusammenarbeit im Kampf gegen die globale Erwärmung.

Eineinhalb Jahre vor der Klimaschutzkonferenz in Kopenhagen haben sich Industriestaaten und Entwicklungsländer nicht auf konkrete Ziele für eine Reduzierung der Treibhausgase einigen können. Teilnehmer des G-8-Gipfels und die Staats- und Regierungschefs von Entwicklungsländern wie China und Indien bekräftigten an diesem Mittwoch lediglich ihren Willen zur Zusammenarbeit bei Maßnahmen gegen die globale Erwärmung. In einer Stellungnahme hieß es, es seien "tiefe Einschnitte" beim globalen Ausstoß von Treibhausgasen nötig.

G-8-Gipfel; Reuters

Gruppenbild in Toyako: Die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer

(Foto: Foto: Reuters)

Die Staatengruppe drang zudem darauf, die Szenarien von UN-Experten zum Klimawandel ernsthaft zu berücksichtigen. Diese sehen Einschnitte entweder zwischen 50 und 85 oder zwischen 30 und 60 Prozent bis zum Jahr 2050 vor. Konkrete Zielmarken für eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes wurden in der gemeinsamen Erklärung jedoch nicht genannt.

In dem Papier hieß es weiter, die großen Industriestaaten würden mittelfristige Reduktionsziele anstreben, während die größeren Schwellenländer dem Wachstum ihrer Emissionen gegensteuern sollten. Das US-Präsidialamt teilte mit, die 16 Staaten würden im kommenden Jahr in Italien erneut zu Gesprächen zusammenkommen. Neben den sieben führenden Industriestaaten und Russland zählen zu der Gruppe China, Indien, Südafrika, Mexiko, Brasilien, Australien, Südkorea und Indonesien. Auf diese Länder entfallen insgesamt rund 80 Prozent des weltweiten Schadstoffausstoßes.

China und Indien signalisierten einem hochrangigen Vertreter Frankreichs zufolge, dem von den G 8 ausgegebenen Ziel einer Emissionsminderung um 50 Prozent derzeit noch nicht folgen zu wollen. Die beiden asiatischen Länder hätten sich jedoch bereit gezeigt, zu einem späteren Zeitpunkt Maßnahmen zur Drosselung des Treibhausgas-Ausstoßes zu ergreifen.

Die G-8-Staaten hatten sich am Dienstag zu dem Ziel bekannt, bis Ende 2009 ein internationales Abkommen auf den Weg zu bringen, das die Schadstoffminderung um mindestens die Hälfte bis 2050 vorsieht. Dabei hatten sie deutlich gemacht, dass die Industrieländer den Löwenanteil der Emissionsminderung leisten müssten. Ohne bedeutsame Beiträge auch der großen Schwellenländer wie China und Indien könne das Problem aber nicht gelöst werden.

Die Vereinbarung der G 8 bezeichnete der Leiter des UN-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner, als ein ernüchterndes Signal. Statt einer "Vision, die in 42 Jahren zum Tragen kommt", wäre es wichtig gewesen, sich auf mittelfristige Ziele bis 2020 zu einigen, sagte Steiner im Morgenmagazin von ARD und ZDF.

Ruf nach mehr Gerechtigkeit

Im Vorfeld hatten die Schwellenländer die reichen Industrienationen zum Abbau ihrer Handelsbarrieren und landwirtschaftlichen Subventionen aufgefordert. So sprachen sich die Staats- und Regierungschefs aus China, Indien, Brasilien, Südafrika und Mexiko (G 5) für einen baldigen Abschluss der Welthandelsrunde aus.

Ziel müsse die Schaffung eines "gerechten, offenen, vernünftigen und nicht diskriminierenden internationalen Handelssystems" sein, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die vor dem Treffen mit den Führern der G-8-Staaten veröffentlicht wurde.

Die Schwellenländer beklagten "protektionistische Verzerrungen", finanzielle Ungewissheiten und die steigenden Öl- und Getreidepreise. Besorgt äußerten sie sich auch über die Inflation. Um ein stabiles und transparenteres internationales Finanzsystem zu schaffen, müsse in der Entscheidungsfindung von Währungsfonds und Weltbank deutlich besser auf die Stimme der Entwicklungsländer gehört werden.

"Auf gleicher Augenhöhe"

Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel eine positive Zwischenbilanz der im Vorjahr in Heiligendamm gestarteten engeren Dialogform mit den Schwellenländern gezogen. Dieser "Heiligendamm-Prozess" habe sich bewährt, die Partner seien sich seiner Bedeutung bewusst, sagte Merkel einer Mitteilung zufolge.

Der Gipfel in Toyako sei das geeignete Forum, um diesem Projekt noch mehr Schwung zu geben. Zudem herrsche Einigkeit, dass diese Form des Meinungsaustausches zwischen den G 8 und den wichtigsten Schwellenländern die Arbeit in internationalen oder regionalen Institutionen ergänzen sollte.

Merkel unterstrich, Basis des Dialogs "auf gleicher Augenhöhe" sei die Erkenntnis, dass bei der Lösung von immer mehr globalen Problemen eine enge Zusammenarbeit nötig sei. Der "Heiligendamm-Prozess" stärke die Kooperation zwischen den G-8-Ländern - den USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, Japan, Kanada, Deutschland und Italien - und den fünf größten Schwellenländern - Indien, China, Brasilien, Mexiko und Südafrika - in beiderseitigem Interesse.

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