G-7-Gipfel:Klubneuling Trump bringt die G 7 ins Wanken

  • Beim G-7-Gipfel konnte keine große Einigkeit erzielt werden. Die Abschlusserklärung fällt äußerst dünn aus.
  • Das lag größtenteils an Donald Trump. Der US-Präsident war in vielen Punkten anderer Meinung als die sechs übrigen Teilnehmer.
  • Eine Annährung gab es beim Thema Welthandel.

Von Oliver Meiler und Nico Fried, Taormina

Die Länge eines Dokuments allein muss kein Indikator für Qualität sein. In der Kürze kann bekanntlich viel Würze liegen, viel dichte Substanz. Das dürre, nur sechs Seiten lange Abschlusspapier des jüngsten G-7-Gipfels im hübschen Taormina steht jedoch vor allem für eine neue geopolitische Ordnung, an die sich die Welt erst einmal gewöhnen muss. Nichts scheint mehr fix zu sein, keine Gewissheit - nicht einmal im Klub der Mächtigen, der sich über geteilte Werte und Interessen definiert. Sie sind sich so uneins, dass auch vermeintlich Unverrückbares plötzlich wankt. Und natürlich hat das mit einem der Klubneulinge zu tun, mit Donald Trump.

In diesen Tagen konnte man hören, der US-Präsident habe mit seinen Blockaden in großen Fragen das alte Format gesprengt. G-7 sei zum G-6 plus 1 geworden. Die deutsche Kanzlerin, Frankreichs Präsident, die Premiers aus Italien, Kanada, Japan und Großbritannien - alle haben sie Trump zwei Tage lang studiert, ihn zu deuten versucht, auf ihn eingeredet. Mit mäßigem Erfolg. So bleibt wenig Verbindliches, und dafür reichten sechs Seiten locker aus.

Die Diskussionen zum Klimaschutz waren exemplarisch. Angela Merkel nannte sie danach "sehr unzufriedenstellend". Im Wahlkampf hatte Trump die vom Menschen gemachte Erderwärmung als "hoax" abgetan, als Witz, als Fake News. Aus dem Pariser Abkommen zum Klimaschutz, das sein Vorgänger Barack Obama maßgeblich geprägt und unterzeichnet hatte, wollte er sich sofort zurückziehen.

Es koste Amerika viel zu viel, sagte er. So kategorisch hört er sich zwar mittlerweile nicht mehr an, vielleicht denkt er sogar über eine Wende nach. Doch er will nun, da er sich "sachkundig" gemacht habe bei den Freunden des G-7, wie es sein Wirtschaftsberater Gary Cohen nannte, nochmal ein bisschen überlegen - bis nächste Woche, twitterte Trump. Warum das nicht vor Ort ging, ist nicht bekannt. Und so blieb der Graben. "6 zu 1", sagte Merkel, "wir haben nicht drumherum geredet." Sie meinte wohl: um den Brei.

Ähnlich verliefen die Gespräche zum freien Welthandel, einst ein Schlachtross des amerikanischen Wirtschaftsliberalismus. Mit seiner Maxime "America First" drehte Trump das Prinzip um: Abschottung statt Öffnung, national statt international. "Harte Auseinandersetzungen und Diskussionen" habe es dazu gegeben, sagte Merkel, die von allen Teilnehmern die Sachlage am deutlichsten ansprach. Am Ende habe man sich aber zu einer "vernünftigen Lösung" durchringen können. Ziel war es, nicht allzu weit hinter bereits Erreichtes zurückzufallen. In der Nacht zwischen den beiden Verhandlungstagen schien dieses Ziel unerreichbar zu sein. Die Unterhändler legten ein halbes Dutzend Formulierungen vor, eine kam durch.

Im Communiqué heißt es nun, man wolle die Märkte offen halten und gegen Protektionismus ankämpfen. Gleichzeitig aber müsse dafür gesorgt werden, dass unfaire Handelspraktiken bekämpft würden. Dieser letzte Passus war wohl eine Forderung der Amerikaner gewesen. Im Gegenzug ließen sie zu, dass auch der Kampf gegen den Protektionismus im Dokument aufscheint. Wie sich das mit "America First" verträgt, ist ein Rätsel. Auf der Debatte lastete der Vorwurf Trumps, Deutschland verkaufe mehr Waren in die USA, als es von dort einkaufe - und dieser Handelsüberschuss sei "bad, very bad". Nach dem Zwischenfall einigten sich die beiden Länder darauf, eine gemeinsame Expertengruppe einzusetzen, die sich die Handelsbeziehungen einmal möglichst nüchtern anschauen will.

Einig war man sich in Taormina eigentlich nur beim Kampf gegen den Terrorismus, der nach dem Anschlag in Manchester die Prioritäten des Gipfels auf den Kopf gestellt hatte. Neben einem Bekenntnis, künftig noch besser zusammenzuarbeiten, einigte man sich auch darauf, dass die großen sozialen Netzwerke und Betreiber von Internetplattformen mehr in die Verantwortung genommen werden müssten. Eine besondere Enttäuschung erlitten die Gastgeber. Die Italiener hatten sich auch deshalb für Taormina als Austragungsort entschieden, weil sie sich ausrechneten, dass sich die Partnerstaaten dadurch für die Migrationsfrage interessieren könnten.

Italien ist besonders exponiert, weil mittlerweile die meisten Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute kommen. Man fühlt sich alleingelassen. Doch die Amerikaner machten schon früh klar, dass es nicht ihr Problem sei, wenn die Europäer in dieser Angelegenheit nicht solidarischer seien mit Italien. Ähnlich sahen das auch Kanada und Japan. Im Schlussdokument stehen nun zwei knappe und allgemeine Paragrafen zu jenem Thema, das den Gastgebern das dringendste war.

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