G-8-Gipfel in Japan:"Den Ärmsten der Armen helfen"

Globalisierungskritische Organisationen werfen den reichsten Industrienationen der Welt vor, ihre Hilfsversprechen für Afrika nicht einzuhalten. Der deutsche Chef-Vorbereiter des G-8-Gipfels, Bernd Pfaffenbach, ist jedoch zuversichtlich, beim Kampf gegen Hunger und Krankheiten erfolgreich zu sein.

Marcel Burkhardt

Bernd Pfaffenbach, 62, ist Wirtschaftsstaatssekretär und persönlicher Beauftragter - "Sherpa" - von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur Vorbereitung der G-8-Gipfel. Der Begriff Sherpa stammt aus dem Tibetischen und bezeichnet die Bergführer im Himalaja.

G-8-Gipfel in Japan: Hunger in Afrika: Eine Mutter hält den Arm ihres völlig unterernährten Kindes.

Hunger in Afrika: Eine Mutter hält den Arm ihres völlig unterernährten Kindes.

(Foto: Foto: Reuters)

sueddeutsche.de: Herr Pfaffenbach, Sie kommen gerade aus einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel. Welches Gefühl haben Sie beide zu Beginn des G-8-Gipfels?

Bernd Pfaffenbach: Wir haben ein gutes Gefühl. Es gibt auch allen Anlass dafür. Nach vier intensiven Sherpa-Treffen in Japan habe ich den klaren Eindruck, dass die japanische Regierung den G-8-Gipfel sehr ernst nimmt und einen Erfolg wünscht.

sueddeutsche.de: An diesem Montag treffen die Staats- und Regierungschefs der G-8-Staaten mit Vertretern afrikanischer Staaten zusammen. Was werden die beherrschenden Themen sein?

Pfaffenbach: Es geht zum einen darum, Afrika den Anschluss an die Weltwirtschaft zu ermöglichen. Das durchschnittliche Wachstum lag im letzten Jahr zwar bei 6,8 Prozent - aber es gibt doch große Unterschiede zwischen den 53 Ländern Afrikas. Es geht darum, den Ärmsten der Armen zu helfen. Es geht darum, dass wir unsere Zusagen einlösen, die wir auf vorangegangenen G-8-Gipfeln gemacht haben.

sueddeutsche.de: Nichtregierungsorganisationen wie die Welthungerhilfe, Attac oder Oxfam halten den G-8-Staaten vor, nur leere Versprechen abzugeben. Mit Ausnahme von Deutschland hätten alle G-8-Länder ihre Entwicklungshilfe im Jahr 2007 sogar verringert ...

Pfaffenbach: Richtig ist, dass die gemachten Zusagen allen G-8-Staaten erhebliche Anstrengungen abverlangen. Deutschland steht zu seinen Verpflichtungen. Wir wollen auch weiterhin Entwicklungsländer, insbesondere in Afrika bei der Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele, unterstützen. Im Jahr 2007 hat Deutschland den Anteil der öffentlichen Mittel für Entwicklungshilfe, die sogenannte ODA-Quote, gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf 0,37 Prozent gesteigert. Damit hat Deutschland seine Zusagen eingehalten. In absoluten Zahlen bedeutet dies einen Betrag von 8,96 Milliarden Euro.

sueddeutsche.de: 13 Milliarden Euro waren geplant. Kritiker warfen der Kanzlerin zuletzt Wortbruch vor.

Pfaffenbach: Ich glaube, das ist nicht richtig. Mit unserer ODA-Quote sind wir in diesem Jahr voll im Plan. Ich habe gerade in den letzten Tagen ein Treffen mit allen Vertretern großer deutscher Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gehabt. Da kamen eher positive Signale vor dem Hintergrund, dass das Bundeskabinett entschieden hat, die Entwicklungshilfe nochmals um einen Betrag von insgesamt 3,2 Milliarden Euro von 2009 bis 2012 zu erhöhen. Dies ergänzt die Aufstockung der Entwicklungshilfemittel um weitere drei Milliarden Euro für die Jahre 2008 bis 2011, die bereits im vergangenen Jahr beschlossen wurde. Der größte Teil davon ist für Afrika vorgesehen. Ich glaube, das wird von den NGOs ausnahmslos anerkannt.

Lesen Sie weiter, wann der Gipfel Erfolg hat.

"Den Ärmsten der Armen helfen"

sueddeutsche.de: Die Entwicklungshilfeorganisation World Vision fordert die G 8 auf, einen ausführlichen Zeitplan mit jährlichen Zielvorgaben aufzustellen, um die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen. Alle drei Sekunden stirbt durch Hunger und vermeidbare Krankheiten auf der Welt ein Kind. Wenn die G 8 im derzeitigen Tempo weitermachten, verlören laut World Vision zudem 18 Millionen Kinder bis 2015 durch Aids einen oder beide Elternteile. Spielen solche Informationen eine Rolle auf dem G-8-Gipfel?

G-8-Gipfel in Japan: Bernd Pfaffenbach: "Zusagen einlösen, die wir auf vorangegangenen G-8-Gipfeln gemacht haben."

Bernd Pfaffenbach: "Zusagen einlösen, die wir auf vorangegangenen G-8-Gipfeln gemacht haben."

(Foto: Foto: dpa)

Pfaffenbach: Ja, unbedingt. Die Treffen werden sehr sorgfältig vorbereitet. Die Staats- und Regierungschefs bekommen detaillierte Informationen von ihren Sherpas. Gerade im Gesundheitsbereich haben wir in Heiligendamm eine Initiative gestartet, dass man 60 Milliarden Dollar zur Verfügung stellen will für Afrika, um Probleme wie HIV, Aids, Tuberkulose und verschiedene Tropenkrankeiten zu bekämpfen. Deutschland hat hierfür schon vier Milliarden Dollar für die kommenden acht Jahre vorgesehen.

sueddeutsche.de: Welche konkreten Hilfsstrategien können auf dem G-8-Gipfel auf den Weg gebracht werden?

Pfaffenbach: Bitte haben Sie Verständnis, dass ich die Ergebnisse des Gipfels im Einzelnen nicht vorwegnehmen kann. Die G-8-Staats- und Regierungschefs werden konkrete Maßnahmen zur Ernährungssicherheit beschließen. Daneben werden wir unsere Reformpartnerschaft mit Afrika erneuern. Dabei geht es um gute Regierungsführung, Wachstum und Rahmenbedingungen für private Investitionen sowie um Gesundheit und Bildung.

sueddeutsche.de: Die globalisierungskritische Organisation Attac wirft den G-8-Staaten vor, dass sie maßgeblich für die derzeitige Hungerkrise in der Welt verantwortlich seien, da sie die Entwicklungsländer zur Öffnung ihrer Märkte gezwungen hätten. Produzenten aus dem Süden könnten mit den Exporten der Industrieländer nicht konkurrieren.

Pfaffenbach: Das Thema wird hier eine große Rolle spielen. Die Bundesregierung hat früh einen Bericht erstellt und Lösungsmöglichkeiten des Problems aufgezeigt. Die Kanzlerin hat eine Kurzfassung davon an die Staats- und Regierungschefs verschickt, und wir sind auch dabei, einen signifikanten Beitrag zusätzlich für Nahrungsmittelsicherheit in den Entwicklungsländern zu mobilisieren. Letztlich geht es auch darum, dass die reichen Länder ihre Exportsubventionen gegen null zurückfahren. Die EU hat sich im Rahmen der laufenden Welthandelsrunde bis 2013 dazu verpflichtet. Weiterhin geht es darum, die Strukturen zu verändern, die zu der Krise geführt haben. Wir müssen produktive Anbaumethoden in Afrika fördern, damit diese Länder gar nicht erst in eine Notlage kommen.

sueddeutsche.de: Werden die G-8-Staaten die Wahlfarce in Simbabwe in einer gemeinsamen Erklärung verurteilen?

Pfaffenbach: Das liegt zunächst in der Hand des Gastgebers. Aber es ist unvorstellbar, dass das Thema nicht auf den Tisch kommt. Die Kanzlerin hat da auch eine ganz klare, kritische Position.

sueddeutsche.de: Was ist mit dem Völkermord in Darfur?

Pfaffenbach: Bereits in Heiligendamm haben die G 8 hier klare Worte gefunden. Auch in Toyako wird das Thema im Rahmen der außenpolitischen Diskussion Raum einnehmen.

sueddeutsche.de: Wann ist der Gipfel ihrer Ansicht nach ein Erfolg?

Pfaffenbach: Neben Afrika gibt es andere wichtige Themen: den Klimaschutz, die Gefahren für die Weltwirtschaft aufgrund der hohen Ölpreise und vieles andere mehr. Wenn wir bei all diesen Themen eine deutliche Signalwirkung für die Weltgemeinschaft und auch für die Märkte gesetzt und damit die Handlungsfähigkeit der G-8-Staaten unter Beweis gestellt haben, dann kann der Gipfel als Erfolg gewertet werden.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: