G-20-Gipfel:Dienste warnten früh vor "Eskalation" in Hamburg

G20-Gipfel - Auseinandersetzungen

In Teilen des Hamburger Schanzenviertels kommt es während des G-20-Gipfels zu schweren Ausschreitungen.

(Foto: dpa)
  • Die Sicherheitsbehörden hatten vor dem G-20-Gipfel intern konstatiert, dass "Hamburg die geeignete Bühne für Ausschreitungen gewalttätiger Linksextremisten aus dem In- und Ausland" sein wird.
  • Sowohl Bundes- als auch Landesregierung verweisen allerdings darauf, dass keine Sicherheitsbehörde bei einer Abschlussbesprechung im Kanzleramt entscheidende Sicherheitsbedenken geltend gemacht habe.
  • Derweil entschuldigt sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz bei den Bewohnern der Stadt - und gibt einigen Anmeldern von Demonstration indirekt die Schuld an der Gewalteskalation.

Von Thomas Hahn und Georg Mascolo, Hamburg

Deutsche Sicherheitsbehörden haben schon früh vor dem besonderen Risiko eines G-20-Gipfels in Hamburg gewarnt. "Aufgrund des urbanen Umfelds und der starken linksextremistischen Szene wird Hamburg die geeignete Bühne für Ausschreitungen gewalttätiger Linksextremisten aus dem In- und Ausland sein", hieß es im Mai in einer internen Lageeinschätzung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Bei dem Gipfeltreffen war es am Wochenende zu Brandstiftungen, Plünderungen und Angriffen auf Polizisten durch eine große Gruppe vermummter linksextremer Straftäter gekommen.

"Klares Ziel des militanten Spektrums ist es dabei, eine Eskalation der Straßenmilitanz und damit einen Kontrollverlust für die eingesetzten Sicherheitskräfte herbeizuführen", hieß es weiter. In anderen Papieren war davon die Rede, dass die Autonomen den Veranstaltungsort Hamburg als "Provokation" empfänden und die besondere Nähe der Messehallen zum Schanzenviertel ein besonderes Problem darstelle.

Scholz sagt Linksextremismus den Kampf an

Die Berichte gingen an Kanzleramt und Hamburger Senat, sie waren auch Grundlage für das Sicherheitskonzept. Sowohl Bundes- als auch Landesregierung verweisen allerdings darauf, dass keine Sicherheitsbehörde bei einer Abschlussbesprechung im Kanzleramt entscheidende Sicherheitsbedenken geltend gemacht habe. Auch Hamburgs Polizei erklärte vor dem Gipfel, über alle notwendigen Mittel zu verfügen.

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verteidigte es am Mittwoch erneut, dass er der Bitte von Kanzlerin Angela Merkel entsprochen habe, das Treffen in der Hansestadt zu veranstalten. "Wenn ein solcher Gipfel in Hamburg nicht stattfinden könnte, dann ließe er sich künftig auch in keiner anderen westeuropäischen Stadt veranstalten", sagte Scholz. "Wollen wir, dass internationale Spitzentreffen nur noch bei Autokraten und Diktatoren möglich sind?"

Scholz nutzte eine Regierungserklärung, um sich bei den Hamburgerinnen und Hamburgern dafür zu entschuldigen, dass er geglaubt habe, die öffentliche Sicherheit beim Gipfel sei gewährleistet. Außerdem sagte Scholz dem Linksextremismus den Kampf an.

Er richtete sich dabei nicht nur gegen "geradezu militärisch operierende Gewalttäter", sondern auch gegen Mitglieder der linksautonomen Szene in Hamburg, die Gewalt als politischen Ausdruck gelten lassen. "Manches, was in den letzten Tagen gerade auch aus der Roten Flora zu hören war, ist beschämend und menschenverachtend", sagte Scholz.

Er sprach von geistigen Brandstiftern. Deren "taktische Spielchen" müssten "ein für allemal vorbei sein". Indirekt gab Scholz den Anmeldern der Demonstration "Welcome to Hell", bei der es am Donnerstag vor dem Gipfel zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und schwarzem Block gekommen war, Mitschuld an der Gewalt: "Wer zu Demonstrationen aufruft und dabei eindeutig auf eine Beteiligung des schwarzen Blocks zählt, trägt Mitverantwortung für das Handeln eben jener Krimineller."

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