Fußball:Louis van Gaal - der kauzigste Kauz tritt ab

Der niederländische Trainer geht in Rente, zurück bleiben Anekdoten und Erfolge. Der FC Bayern profitiert noch heute von van Gaals Arbeit.

Von Christof Kneer

Nein, er sei nicht schuld am aktuellen Misserfolg, hat José Mourinho, der Trainer von Manchester United, im vorigen Herbst gesagt. Schuld sei sein Vorgänger, Louis van Gaal, der das Team in den zwei Jahren zuvor so sehr auf sein komisches Spielsystem abgerichtet habe, dass die armen Spieler immer noch ganz verwirrt seien.

Louis van Gaal war selbstverständlich überhaupt nicht beleidigt. Er hat diesen Angriff mindestens erfreut, vermutlich sogar begeistert zur Kenntnis genommen.

Van Gaal ist es gewohnt, dass Menschen ihn missverstehen. Er sieht es so, dass das eine normale Reaktion von Menschen ist, die vermutlich auf Neid beruht; jedenfalls fällt es Menschen schwer zu akzeptieren, dass er, van Gaal, den Fußball erfunden und erschaffen hat und, wenn nicht alles täuscht, die ganze Welt gleich mit dazu.

Die gute Nachricht zuerst: Der Öffentlichkeit bleibt van Gaal erhalten, aber - die schlechte Nachricht - der Fußball wird künftig auf ihn verzichten müssen. "Ich glaube, dass ich nie mehr in den Beruf zurückkehre", sagte van Gaal, 65, am Rande einer Gala, auf der er für sein Lebenswerk geehrt wurde (eine skandalös überfällige Auszeichnung, wie van Gaal gewiss findet). Der "brennende Ehrgeiz" sei weg, sagte er noch, "ich habe alles erreicht, was ich wollte". Von allen selbstbewussten Trainern ist van Gaal immer der selbstbewussteste gewesen, von allen Käuzen der kauzigste, von allen Diktatoren der lustigste. "Ich war überall der Cäsar", hat er mal gesagt, und wie immer wusste nur er selbst, wie viel davon Ernst und wie viel Selbstironie war.

In nur zwei Jahren hat van Gaal entscheidend am FC Bayern mitgebaut

Aber bei einer Sache versteht der Spötter überhaupt keinen Spaß: Er würde es auf keinen Fall dulden, dass hinter seiner lustvollen Polarisiererei der große Trainer vergessen wird. Van Gaal, geprägt von der großen niederländischen Taktikschule, war der Erzeuger jener legendären Elf von Ajax Amsterdam, die 1995 die Champions League gewann, auch große Spieler wie Seedorf, Kluivert oder Davids sind seine Geschöpfe.

Selbst am tendenziell nicht niederländischen FC Bayern hat van Gaal in nur zwei Jahren (2009 - 2011) entscheidend mitgebaut. Bayerns Bosse waren fasziniert von diesem manchmal furchterregenden Mann, aber mindestens genauso oft haben sie sich gerieben an seiner hochfahrenden Art. Und doch würde niemand bestreiten, dass erst dieser Niederländer kommen musste, um dem stolzen Spielerverein aus München einen Sinn für Taktik und moderne Trainerarbeit zu vermitteln.

Als van Gaal kam, bestand Bayerns Spielidee darin, deutscher Meister zu werden; als er ging, hatten die Bayern einen klaren Stil entwickelt, den sie im Grunde bis heute pflegen. Van Gaal führte Bayern 2010 ins Champions-League-Finale gegen Inter Mailand, mit ihm begann jener Zyklus, der 2013 im Champions-League-Sieg gipfelte und sich nun allmählich dem Ende zuneigt. Den Champions-Titel gewann offiziell übrigens der Trainer Jupp Heynckes, aber inoffiziell dürfte Louis van Gaal da anderer Meinung sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: