Fußball in Bolivien:El Presidente tritt gern zu

Evo Morales Fußball

Präsident Evo Morales am Ball (hier bei einem Benefizspiel der Vereinten Nationen 2012)

(Foto: AFP)

Evo Morales ist 54 und als Boliviens Staatschef ein vielbeschäftigter Mann. Trotzdem soll er bald als Teilzeitprofi in der ersten Fußballliga zum Einsatz kommen. Allerdings nicht allzu oft. Das könnte auch an seiner Spielweise liegen.

Von Peter Burghardt, Buenos Aires

Wenn ein Fußball in der Nähe ist, wird es ernst bei Boliviens Präsident. Evo Morales machte als Gewerkschaftsführer der Kokabauern Karriere, führt seit 2006 das Land im Herzen Südamerikas, bestellt Gesprächspartner gerne im Morgengrauen in den Regierungspalast. Ein viel beschäftigter Mann. Aber für ein Fußballmatch ist er immer zu haben. Zu seinen Mitspielern gehörte schon Diego Maradona, ein Verbündeter im Kampf gegen vermeintliche kapitalistische Ausbeuter. 2007 lief Morales in 6000 Metern Höhe auf, um gegen den Plan der Fifa zu protestieren, die bolivianische Auswahl nicht mehr in der dünnen Luft des Hochlandes spielen zu lassen. Einmal brach sein präsidiales Nasenbein, als er mit einem Torwart kollidierte. Ein andermal trat er einem Gegenspieler ins Gemächt.

Bald wird der oberste Bolivianer im Alter von fast 55 Jahren Teilzeitprofi. 2008 hatte er beim Amateurklub Litoral angeheuert, dritte Liga. Nun verpflichtet ihn der Erstligist Sport Boys aus Warnes bei Santa Cruz im heißen Tiefland. Morales soll dort für eine Saison unterschreiben und ab August bei drei Partien jeweils 15 bis 20 Minuten lang zum Einsatz kommen. "Wir holen Evo nicht, damit er uns zum Champion macht", beruhigt der Vereinsvorsitzende Mario Cronenbold, der auch Bürgermeister der Kleinstadt Warnes ist. Dies sei Marketing. Wer hätte das gedacht?

Trikot mit der 10 - was sonst?

Möglicherweise füllt der Zugang Morales ja die 10 000 Plätze des örtlichen Stadions, ehe er am 12. Oktober höchstwahrscheinlich zum dritten Mal zum Staatschef gewählt wird. Ein Sponsor fand sich bereits, Cronenbold stellte das blaue Trikot vor. "Evo" steht darauf und "10", was sonst. Die Rückennummer des Zeremonienmeisters tragen stets die Besten wie Pelé, Maradona, Matthäus, Messi, Morales. Nur etwas preisgünstiger als die Kollegen wird der Presidente kicken: Sein Monatsgehalt im Nebenerwerb wird mit 1480 Bolivianos angegeben, das sind 154 Euro und entspricht dem Mindestlohn. Der Trainer heißt Néstor Clausen und war mit Argentiniens Aufgebot 1986 Weltmeister. Der künftige Zehner Evo hat bereits einen Privatcoach verpflichtet, um in Bestform zu kommen. Zuletzt saß er eher auf der Tribüne und sah der Nationalelf oder seiner Lieblingsmannschaft Bolívar zu.

Man werde schauen, welche Termine von Sport Boys in die Agenda des Präsidenten passten, sagt Cronenbold. Keine Minute solle er spielen, ätzt dagegen der humorlose Trainer Marcos Ferrufino des Rivalen Nacional Potosí. "Das ist ein Zirkus. Wir können nicht zulassen, dass man sich über uns lustig macht. Was sollen sie in anderen Ländern über unseren Fußball denken?"

Nun, Evo Morales geht ordentlich mit der Kugel um und Zweikämpfen nicht aus dem Weg. Zu spüren bekam das vor allem Daniel Cartagena. Dem Lokalpolitiker rammte er 2010 bei einem Duell zwischen den Teams von Präsidentschaft und Rathaus das Knie zwischen die Beine, nachdem ihn dieser offenbar gefoult hatte. Cartagena kippte um und wurde nachher vom - ansonsten sicher neutralen - Schiedsrichter vom Platz gestellt. Ein Video davon machte die Runde. Wenn man Cartagena anrief und fragte, wie es ihm gehe, dann antwortete er: Darüber spreche er lieber nicht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: