Fußball-EM 2012:Löw spricht sich gegen EM-Boykott aus

Fußball-Bundestrainer Joachim Löw hat sich erstmals zur Menschenrechtsproblematik im EM-Gastgeberland Ukraine geäußert. Löw kritisiert zwar die Situation in der Ukraine, erklärt jedoch, die DFB-Elf reise nicht als "Weltpolizei" zum Turnier. Einen Boykott lehnt er klar ab.

Am Rande der Nominierung seines EM-Kaders hat Fußball-Bundestrainer Joachim Löw Stellung zur Menschenrechtsproblematik im EM-Gastgeberland Ukraine bezogen. "Wenn sie mich als Bundestrainer fragen", erklärte Löw in Rastatt, "sage ich, dass wir in Deutschland ein Bild geprägt haben, für was unser Fußball steht: Spaß, Freude, Integration - dafür, Menschen zusammenzubringen."

EM-Kader der deutschen Nationalmannschaft

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Löw sagte jedoch auch: "Alle Spieler dürfen ihre Meinung sagen. Wir werden aber nicht als Weltpolizei in die Ukraine zur EM reisen. Wir streben vorrangig den sportlichen Erfolg an, legen den vollen Fokus auf die EM."

Diese Aussage trennte Löw ausdrücklich von seiner persönlichen Meinung. "Wenn sie mich als Mensch fragen: Ich bin viel rumgekommen. Ich habe die tiefste Überzeugung, dass Menschenrechte eines der höchsten Güter sind. Ich identifiziere mich mit Werten wie Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Schutz von Minderheiten, auch einem humanitären Umgang mit Julia Timoschenko. Es ist egal, ob so etwas in Nordkorea, China oder der Ukraine passiert."

Einen EM-Boykott hält Löw "ganz klar nicht für sinnvoll". Das Turnier sei aber eine gute Möglichkeit, dass "Dinge in eine positive Richtung gelenkt" würden.

Bierhoff äußert sich besorgt

Auch Oliver Bierhoff ergriff bei der Pressekonferenz in Rastatt das Wort. "Was in der Ukraine noch passiert, ist schwer einzuschätzen. Wir beobachten das mit Sorge und werden in Kontakt mit der Politik sein", sagte der Nationalmannschaftsmanager.

Zuvor hatte sich Kapitän Philipp Lahm als erster Nationalspieler eindeutig positioniert. "Meine Ansichten zu demokratischen Grundrechten, zu Menschenrechten, zu Fragen wie persönlicher Freiheit oder Pressefreiheit finde ich in der derzeitigen politischen Situation in der Ukraine nicht wieder", sagte Lahm in einem Interview mit dem Spiegel: "Wenn ich sehe, wie das Regime Julia Timoschenko behandelt, dann hat das nichts mit meinen Vorstellungen von Demokratie zu tun."

Die DFB-Elf trifft in der Vorrundengruppe B am 9. Juni auf Portugal und am 13. auf die Niederlande. Beide Spiele finden in Charkow statt, wo sich Oppositionsführerin Timoschenko unweit des Stadions im Gefängnis befindet. Das letzte Gruppenspiel gegen Dänemark findet am 17. Juni in Lwiw statt.

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