Führungswechsel:Der doppelte Chef

Frank-Jürgen Weise leitet neben der Bundesagentur für Arbeit nun auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Schon am Donnerstag soll er erste Reformen vorschlagen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, ist ein Frühaufsteher. Morgens um sieben fängt sein Arbeitstag normalerweise an, und wenn es nicht gerade regnet, kann es sein, dass der Reserveoffizier vorher schon joggen war. Schon jetzt hat der frühere Wirtschaftsmanager oft einen Zwölf-Stunden-Tag. Künftig hat der Oberst a. D. noch mehr zu tun. Weise, 63, wird zusätzlich zu seiner Arbeit als BA-Chef Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Er übernehme damit "eines der schwierigsten Ämter, die Deutschland zu vergeben hat", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Beide Behörden haben ihren Sitz in Nürnberg.

Die Arbeitsagentur und das Flüchtlingsamt sollen enger zusammenarbeiten

Weise, der dem zurückgetretenen Manfred Schmidt nachfolgt, gilt innerhalb der Bundesregierung als besonders prädestiniert für die zeitlich zunächst nicht befristete Mammut-Aufgabe: De Maizière bezeichnete ihn als erfahrenen Behördenleiter und "öffentlichen Manager". Bundesarbeitsministerin Andres Nahles (SPD) sagte: "Er ist der richtige Mann" und könne diese große Aufgabe "mit seiner Erfahrung stemmen". Weise kennt sich aus mit Doppeljobs: Als BA-Vorstandschef hatte er bereits eine Kommission für die Bundeswehr geleitet, die Eckpunkte für die Reform der Streitkräfte erarbeiten sollte.

Im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lagen bis Ende August 276 000 unbearbeitete Asylanträge. Ein Viertel davon wurde vor mehr als einem Jahr gestellt. Weise soll nun mit seinem neu gebildeten Arbeitsstab bis kommenden Donnerstag Vorschläge zur Beschleunigung der Asylverfahren vorlegen. Über diese Vorschläge sollen dann Bund und Länder bei ihrem Flüchtlings-Gipfel beraten. Sicher ist bereits jetzt: Die beiden Nürnberger Behörden werden künftig enger zusammenarbeiten. Die Arbeitsagentur werde das Migrationsamt bei der Personalauswahl und bei der IT zur Registrierung der Flüchtlinge unterstützen, sagte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums.

Das vom Bundesinnenministerium geplante Gesetz zur Verschärfung des Asylrechts wurde am Freitag scharf kritisiert. Nahles sagte: "Da gibt es noch einigen Diskussionsbedarf." Nicht einig sind sich Arbeits- und Innenministerium zum Beispiel bei der geplanten Streichung von Leistungen für Flüchtlinge, für die nach den EU-Regeln eigentlich ein anderer EU-Staat zuständig wäre. Das Innenministerium schlägt vor, dass über ein anderes EU-Mitgliedsland eingereiste Flüchtlinge und Asylbewerber weder Geld- noch Sachleistungen bekommen sollen. Lediglich eine "Reisebeihilfe" zur Rückkehr in das EU-Land ist vorgesehen.

Ein Sprecher des Innenministeriums wies darauf hin, dass sich das Gesetz noch in der Abstimmung mit anderen Ressorts befinde. Hilfsorganisationen hatten scharf kritisiert, dass Zehntausende Flüchtlinge, die über andere EU-Staaten nach Deutschland eingereist seien, nur noch eine Fahrkarte und Proviant für die Rückreise erhalten sollten. Nach Angaben des Innenministeriums trifft dies aber auf die allermeisten Flüchtlinge, die zuletzt etwa aus Syrien gekommen seien, nicht zu.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagte nach einem Treffen der Spitzen der Ausbildungsallianz von Bundesregierung, Wirtschaft und Gewerkschaften, Deutschland könne nicht allen helfen. Wenn sich die EU bei diesem Thema nicht einige, sei Europa in Gefahr, "sich selbst zu zerstören". Der SPD-Chef will sich bei dem Flüchtlingsgipfel dafür starkmachen, dass junge Flüchtlinge nach Abschluss einer Ausbildung noch zwei weitere Jahre hier bleiben können. Davon müsse er aber noch die Union überzeugen. Gabriel greift damit eine Forderung der Wirtschaftsverbände auf, die für die Unternehmen Planungssicherheit fordern. Kein Handwerksbetrieb werde einen Azubi aufnehmen, wenn ungewiss sei, ob er nach der Ausbildung bleiben könne, sagte Gabriel. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte mehr und schnellere Sprachkurse für Flüchtlinge. "Deutsch, Deutsch, Deutsch ist die Voraussetzung", sagte er. Wer dies nicht könne, verliere in der Berufsschule den Anschluss.

Frank-Jürgen Weise

Der Ausblick sei weiter positiv, sagt der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
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