Front National:Achtung, Neubesetzung!

Lesezeit: 2 min

Le Pen mit Pony: In Umfragen setzt der konservative Fillon der Front-National-Chefin zu. (Foto: Michel EulerAP)

Parteichefin Marine Le Pen hatte gehofft, dass sie gegen ihre Lieblingsgegner bei den Konservativen und den Sozialisten antreten könnte: Nicolas Sarkozy und François Hollande. Nun muss sie umdenken.

Von Leo Klimm

Marine Le Pen tut so, als sei nichts geschehen. An ihrer Strategie für den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich ändere der Rückzug von François Hollande jedenfalls nichts. "Ich bin nicht überrascht", sagt die Chefin des rechtsextremen Front National (FN) beim Besuch einer Messe für Pferdezucht und gibt sich zumindest nach außen hin unbeeindruckt. Bei der Wahl im Frühling werde sie es aufseiten der Sozialisten und der konservativen Republikaner nun eben "mit Doublen" zu tun bekommen, die dieselben Schwächen hätten wie ihre ursprünglichen Gegner.

Tatsächlich jedoch verändert die Neubesetzung der Hauptrollen bei den beiden etablierten Parteien die Situation für Le Pen erheblich: Innerhalb von zwei Wochen hat die FN-Chefin mit dem Ausscheiden des amtierenden Präsidenten und des konservativen Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy aus dem Wahlwettbewerb ihre zwei Lieblingsfeinde verloren. Anders als erwartet, ist auch Alain Juppé, ein Paradevertreter des bürgerlichen Establishments, aus dem Rennen. Darauf muss sich Le Pen neu einstellen - bei den Republikanern auf François Fillon, der mit rechtskonservativen Aussagen um FN-Wähler buhlt. Bei den Sozialisten womöglich auf Premier Manuel Valls, der sich mit neuen, globalisierungskritischen Tönen um Le-Pen-Sympathisanten bemüht.

"Das lässt ihr weniger Raum", sagt der FN-Forscher Sylvain Crépon. Le Pen habe jetzt schwierigere Gegner. "Trotzdem wird sie bei ihrer Strategie bleiben", so Crépon. Sie werde dieselben Attacken gegen Valls und Fillon führen wie gegen Hollande und Sarkozy. Ihre Äußerungen vom Freitag bestätigen das: "Wir werden daran erinnern, dass die zwei voll verantwortlich sind für den Kurs der vergangenen Jahre." Schließlich seien Valls und Fillon jahrelang Regierungschefs gewesen.

Allerdings ist die Frage, ob auch die Wähler in Valls und Fillon bloße Polit-Doubles der Ex-Staatschefs sehen. Umfragen zeigen, dass sie mindestens bei Fillon einen Unterschied machen und ihm seine lange Treue zu Sarkozy nicht nachtragen.

Le Pen fühlt sich durch das Brexit-Votum und die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten in der Ausrichtung des FN als Anti-System-Partei bestärkt. Während sie offenen Rassismus zu unterbinden versucht, positioniert sie die Partei als Verteidigerin französischer Souveränität gegen angeblich ungebremste Zuwanderung und eine vermeintliche Fernsteuerung durch die EU. Wirtschaftspolitisch fordert sie den Euro-Austritt, staatliche Eingriffe zur Förderung der Industrie und höhere Sozialleistungen. Der "ultraliberale" Kurs der Republikaner und Sozialisten stärke ihre eigene Position, sagt Le Pen.

Dem wirtschaftsliberalen, aber gesellschaftspolitisch rechten Fillon kann sie mit dieser Kritik bisher nichts anhaben. Im Gegenteil: Er setzt ihr in Umfragen zu. Le Pen könnte daher noch mehr auf soziale Themen ausweichen, um den Sozialisten Valls zu attackieren. Der wiederum versucht kaum verhohlen, bei FN-Wählern zu punkten: Die Globalisierung bringe zu viel Unsicherheit - wirtschaftlich ebenso wie durch Zuwanderung und auch in Bezug auf Frankreichs Identität.

Der Experte Crépon verweist darauf, dass weder Valls noch Fillon ein Interesse haben, Le Pen zu sehr zu schwächen. "Beide gehen vor allem von dem Szenario aus, in dem der jeweils andere nicht in die Stichwahl einzieht, ihre Gegnerin zum Schluss also Le Pen heißt", sagt Crépon. "Denn nur im Duell mit ihr können sie sicher sein, am Ende Präsident zu werden. "

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: