Fremdenfeindlichkeit:Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt drastisch zu

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  • Die Zahl der Straftaten im Zusammenhang mit der Unterbringung von Asylbewerbern hat sich in diesem Jahr auf 1610 nahezu verdoppelt.
  • Dazu zählen nicht nur Angriffe auf Unterkünfte von Asylbewerbern, sondern auch Hetze im Netz, Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen.
  • Die Grünen sprechen von einer "neuen tragischen Dimension" rechter Gewalt in Deutschland.

1610 Straftaten bis Mitte November - fast doppelt so viele wie 2014

Schmierereien, eingeworfene Scheiben, Brandstiftung: Die Zahl der Angriffe auf Asylunterkünfte ist rasant gewachsen, mehr als 800 sind es im laufenden Jahr. Die Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt drastisch zu - und sie beschränkt sich nicht auf Übergriffe gegen die Unterkünfte, sie richtet sich auch direkt gegen die Flüchtlinge oder deren Helfer. Bis Mitte November hat die Polizei im laufenden Jahr 1610 überwiegend rechtsmotivierte Delikte gezählt, die im Zusammenhang mit der "Unterbringung von Asylbewerbern" stehen - fast doppelt so viele wie 2014. Das geht aus einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor.

Gezählt wurden alle politisch motivierten Straftaten rund um die Flüchtlingsunterbringung - also auch Hetze im Netz, Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen bei Demonstrationen oder anderen Aktionen außerhalb von Asylunterkünften. Die Aggressionen müssen sich dabei nicht unbedingt gegen Asylbewerber selbst richten. Auch Attacken auf Politiker oder andere Menschen, die sich für eine Flüchtlingsunterkunft engagieren, können darunter fallen.

Noch weiter gefasst ist die übergeordnete Kategorie "Ausländer-/Asylthematik". Hier erfasst die Polizei alle Straftaten, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte oder anderem Fremdenhass stehen. Im laufenden Jahr bis Mitte November wurden hier 3625 - ebenfalls zum Großteil rechtsmotivierte - Delikte erfasst. Auch diese Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt.

"Rechte Gewalt hat in Deutschland eine neue tragische Dimension erreicht"

Bis zum 7. Dezember verzeichneten die Ermittler 817 Angriffe auf Asylunterkünfte - etwa vier Mal so viel wie 2014. Bei diesen Übergriffen handelt es sich überwiegend um Schmierereien, Sachbeschädigungen oder Propagandadelikte, aber auch um eine wachsende Zahl an Brandstiftungen und Körperverletzungen. Doch diese Zahlen, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, gäben "nicht im Ansatz das wirkliche Ausmaß an Übergriffen" wieder. "Die neuesten Zahlen zeigen eine besorgniserregende Entwicklung auf", sagte er mit Blick auf die anderen Zahlen aus der Polizeistatistik. "Rechte Gewalt hat in Deutschland eine neue tragische Dimension erreicht."

Die Grünen beklagen zudem, die Polizeistatistiken seien unübersichtlich und unschlüssig. Die Behörden hatten erst Anfang 2014 begonnen, Übergriffe gegen Asylunterkünfte gesondert zu erfassen. Die Bundesregierung möchte nun - möglichst ab 1. Januar 2016 - weitere Bereiche herausgreifen: Übergriffe gegen Asylbewerber, politisch motivierte Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen und Übergriffe gegen Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer, die sich für Flüchtlinge engagieren. Das kündigte das Bundesinnenministerium in der Antwort auf die Kleine Anfrage an.

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