Französische Ex-Präsidenten:Wie Gott in Frankreich

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Seltenes Zusammentreffen: Die drei Ex-Präsidenten Sarkozy, Giscard d'Estaing und Chirac, hier mit dem Verfassungsrat Jean-Louis Debré.

(Foto: AFP)
  • Der französische Staat zahlt jedes Jahr 6,2 Millionen Euro für seine Ex-Präsidenten.
  • Recherchiert hat diese Zahlen der sozialistische Politiker René Dosière. Er fordert, dass die Millionenausgaben offengelegt werden - und die Versorgung begrenzt wird.
  • Deutsche Alt-Präsidenten leben vergleichsweise spartanisch.

Von Christian Wernicke, Paris

Ein französischer Präsident ist ein Monarch auf Zeit. Sehr mächtig, manchmal würdig, nicht jedem lieb - und teuer auf Lebenszeit. Denn auch nach Ende der Amtszeit im Élysée-Palast greift die Republik tief ins Staatssäckel, um ihre Ex-Regenten auszustatten: Fürstliche 6,2 Millionen Euro, so hat jetzt ein Pariser Parlamentarier errechnet, sind dem französischen Staat seine drei früheren Präsidenten wert. Jedes Jahr.

Der teuerste der drei Ehemaligen ist Valéry Giscard d'Estaing. 2,5 Millionen Euro gibt die Republik aus, um die Dienstwohnung und die Büro-Mitarbeiter, zwei Chauffeure samt Limousine sowie das Wachpersonal für jenen 88 Jahre alten Mann zu bezahlen, der die Geschicke der Nation von 1974 bis 1981 lenkte. Nicolas Sarkozy, der jüngste "Ex" und potenzielle Rückkehrer, verlangt dem Steuerzahler pro Jahr 2,2 Millionen ab. Vergleichsweise bescheiden sind die jährlichen Ansprüche von Jacques Chirac: 1,5 Millionen Euro.

Mühsam recherchiert und addiert hat diese Zahlen René Dosière, ein sozialistischer Hinterbänkler in der Nationalversammlung. Der Budgetexperte geht seit Jahren der Spur all jenes Geldes nach, das die Präsidenten ihrem Volk abverlangen. Dosière stört es nicht, dass seine früheren Staatsoberhäupter eine Pension von 6000 Euro im Monat einstreichen. Diese jährlich 72 000 Euro fallen im Vergleich etwa mit Deutschland (214 000 Euro "Ehrensold") eher kärglich aus.

Fünfmal so viel Steuermittel wie für einen deutschen Kollegen

Hingegen ärgern Dosière all die sonstigen Privilegien der früheren Élysée-Bewohner - die deren Kosten auf durchschnittlich mehr als zwei Millionen Euro pro Kopf hochschnellen lassen. Ein Beispiel ist Sarkozys Dienst-Appartement in der feinen Pariser Rue de Miromesnil: 320 Quadratmeter, zehn Zimmer plus ein denkmalgeschützter Saal, dessen Wände kostbare Gemälde aus dem 19. Jahrhundert zieren. Die Miete, satte 18 800 Euro pro Monat, berappt die Republik. Im Vergleich dazu leben deutsche Ex-Bundespräsidenten fast spartanisch. Auf SZ-Anfrage bestätigen Bundesrechnungshof und Bundespräsidialamt unisono: 2013 schwankten die Ausgaben für Personal und Ausstattung der früheren Oberhäupter der Bundesrepublik pro Kopf zwischen 185 000 und 336 000 Euro (ohne Personenschutz).

Unterm Strich verschlingt ein französischer Alt-Präsident bis zu fünfmal so viel Steuermittel wie einer seiner deutschen Ex-Kollegen (das Drei- bis Vierfache nach Abzug der Sicherheitskosten). Rechtsgrundlage dieser üppigen Ausgaben ist ein Brief, den 1985 der damalige Premier (und heutige Außenminister) Laurent Fabius an den seinerzeit einzigen Ex-Präsidenten Giscard d'Estaing schrieb. Auf vier Seiten listete Fabius all die Vergünstigungen auf, die seither jedem "ancien président" zustehen: 13 persönliche Mitarbeiter - darunter ein Kabinettschef, drei Sekretärinnen, ein Archivar und zwei Bodyguards - sowie allzeit freie Fahrt "in der besten Klasse" zu Wasser, auf der Schiene und in der Luft.

Fabius' Schreiben blieb ein Vierteljahrhundert unter Verschluss, erst 2010 erstritt Dosière die Veröffentlichung. Bis heute verweigert ihm das Innenministerium konkrete Zahlen zu den Kosten des post-präsidentiellen Personenschutzes. Der sozialistische Abgeordnete möchte, dass die Regierung künftig per Dekret all die Millionenausgaben regelt und im Amtsblatt offenlegt. Zudem plant Dosière eine kleine französische Revolution: Er will, dass die verschuldete Republik die Versorgung ihrer Ex-Staatschefs "auf maximal fünf Jahre begrenzt".

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