Frankreich:Wie Macron gegen den Terror vorgehen will

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Seine Pläne für die Polizei nennen manche eine "kleine Revolution": Macron zwischen Republikanischen Garden, die für seine persönliche Sicherheit mit verantwortlich sind. (Foto: Ludovic Marin/AFP)
  • Der französische Präsident führt eine neue Task Force im Kampf gegen den Terrorismus ein.
  • Frankreichs Polizisten, die durch den langen Ausnahmezustand überlastet sind, wird Macron durch 10 000 neue Stellen entlasten.

Von Stefan Ulrich, München

Wenn es um innere Sicherheit geht, prägen die Franzosen zwei Traditionen. Zum einen sehen sie ihr Land als Heimat der bürgerlichen Freiheiten, die sie sich nicht nur in der Großen Revolution erkämpft haben. Zum anderen sind sie an einen starken Staat gewöhnt, der 1789 keineswegs abgedankt hat. Von diesem Staat, heute repräsentiert durch den Präsidenten, erwarten sie Schutz.

Und da das Land in den vergangenen Jahren vom islamistischen Terror überzogen wurde, die Verwahrlosung vieler Trabantenstädte erlebt und von illegaler Zuwanderung verunsichert ist, stellt der neue Präsident Emmanuel Macron den Schutz der Bürger ins Zentrum seiner Politik. Bei einer Rede vor Ministern, Präfekten, Geheimdienstlern sowie Polizei- und Gendarmerie-Offizieren im Élysée-Palast sagte er am Mittwoch: "Die erste Aufgabe des Staates ist es, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten."

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Macron erklärte dann in einem weiten Bogen, der von Islamisten bis zu Verkehrssündern reichte, wie er das in den kommenden Jahren angehen möchte. Helfen soll zunächst ein neues Antiterror-Gesetz, das der französische Senat ebenfalls am Mittwoch endgültig verabschiedet hat. Es löst zum 1. November den Ausnahmezustand ab, der 2015 nach einer Attentatsserie eingeführt und seitdem immer wieder verlängert wurde. Etliche Ausnahmeregelungen werden jetzt leicht oder gar nicht verändert in das neue Gesetz übernommen und damit festgeschrieben. Sie weiten der Tendenz nach die Rechte von Polizei und Geheimdiensten gegenüber der Justiz aus.

So dürfen die Präfekten - die Vertreter der Regierung in den Departements - bei Terrorgefahr Sicherheitszonen einrichten, an denen jeder durchsucht werden kann, der sie betreten will. Die Präfekten erhalten auch die Befugnis, religiöse Einrichtungen wie zum Beispiel Moscheen zu schließen, wenn dort Terrorpropaganda betrieben wird. Zudem können sie Gefährder dazu verpflichten, das Gebiet ihrer Gemeinde nicht mehr zu verlassen. Eine richterliche Anordnung ist für solche freiheitsbeschränkenden Maßnahmen nicht erforderlich. Menschenrechtsexperten und linke Politiker kritisieren das Gesetz scharf als freiheitsfeindlich und als Schritt in den Überwachungsstaat. Politiker der französischen Rechten finden dagegen, es gehe nicht weit genug. Macron sagte, dank dem Gesetz könne Frankreich nun wirksam auf die Terrorgefahr reagieren, ohne dabei bürgerliche Freiheiten zu verletzen.

Der Terrorbekämpfung dient auch eine neue Task Force, die Macron im Élysée eingerichtet hat. Sie soll die diversen Geheimdienste des Landes koordinieren und sicherstellen, dass Informationen untereinander ausgetauscht werden. Wie der Präsident mitteilte, haben die Sicherheitsbehörden seit Jahresanfang bereits 13 Terroranschläge vereitelt.

Doppeltes Signal in der Migrationspolitik

In der Migrationspolitik sendete der Präsident ein doppeltes Signal aus. Einerseits will er dafür sorgen, dass Asylbewerber und Flüchtlinge in Frankreich nicht länger auf der Straße leben müssen sondern anständig aufgenommen werden. "Ich werde nichts akzeptieren, was das Asylrecht infrage stellt", sagte er. Denn darauf sei die Republik gebaut. Andererseits müssten die Anerkennungsverfahren stark beschleunigt und abgewiesene Bewerber konsequent abgeschoben werden. Hierzu will der Präsident enger mit den Herkunftsländern zusammenarbeiten.

Frankreichs Polizisten und Gendarmen, die durch den langen Ausnahmezustand überlastet sind, wird Macron durch 10 000 neue Stellen entlasten. Zugleich möchte er in der täglichen Polizeiarbeit einen neuen Ansatz verfolgen. Bisher sind die französischen Sicherheitskräfte sehr hierarchisch ausgerichtet, alles läuft beim Innenministerium in Paris zusammen, das direkt gegenüber des Élysée-Palastes liegt. Einsatzkräfte, die an Brennpunkte in den Banlieues geschickt werden, kennen die Menschen und die Verhältnisse dort oft nicht. Künftig soll eine ortsnahe Polizei aufgebaut werden, die den Alltag der Bürger kennt und bei Problemen mit Augenmaß reagieren kann. Ähnliche Ansätze hat es in Frankreich allerdings schon in der Vergangenheit gegeben, mit mäßigem Erfolg. Im Umfeld des Präsidenten ist dagegen von einer "kleinen Revolution" die Rede. Womöglich wird Macron bald die Losung der Republik ergänzen in: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Sicherheit.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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