Frankreich und Russland:Putin sagt Hollande ab

Hollande trifft Putin

Vor gut einem Jahr gemeinsam im Kreml: Francois Hollande (links) und Wladimir Putin.

(Foto: Sergei Chirikov/dpa)

Weil der französische Staatschef das russische Vorgehen in Syrien öffentlich kritisiert hat, will Russlands Präsident Wladimir Putin doch nicht wie geplant nach Paris kommen. Infrage stehen damit auch die Gespräche über die Ostukraine.

Von Stefan Braun und Christian Wernicke, Paris

Als Reaktion auf die russische Unterstützung für Syriens Machthaber Baschar al-Assad und Russlands Beteiligung an den Bombardements auf Aleppo verschärfen sich die diplomatischen Spannungen zwischen Paris und Moskau. Präsident Wladimir Putin hat am Dienstag aus Verärgerung über die Kritik Frankreichs am russischen Verhalten einen für nächste Woche geplanten Besuch abgesagt. Zuvor hatte Frankreichs Staatsoberhaupt François Hollande in einem TV-Interview die russischen Luftangriffe als "Kriegsverbrechen" gegeißelt und signalisiert, dass er am Sinn eines Treffens mit Putin zweifle. Ein Empfang im Élyséepalast, so Hollande, sei "wahrscheinlich", aber: "Ich stelle mir noch die Frage."

Putin wollte bei seinem seit über einem Jahr geplanten Paris-Besuch eine orthodoxe Kathedrale und ein russisches Kulturzentrum eröffnen. Der mehr als 150 Millionen Euro teure Neubau mit seinen fünf vergoldeten Zwiebeltürmen direkt am Seine-Ufer wurde vom russischen Staat finanziert. Zu Wochenbeginn hatten Vertraute Hollandes durchblicken lassen, der Präsident wolle Putin bei der Einweihung am 19. Oktober nicht begleiten. Als einzige Begegnung bot der Élyséepalast dem Kreml eine "Arbeitssitzung" der beiden Staatsoberhäupter an, die sich ausschließlich um die Lage in Syrien drehen sollte. Daraufhin, so Pariser Diplomaten, habe die russische Seite erklärt, der Besuch werde "verschoben".

Ein Sprecher der Regierung in Moskau sagte, man wolle den Besuch nachholen, sobald der Zeitpunkt für Hollande "günstig" sei. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault hatte zuletzt gefordert, die Verantwortlichen für die Luftangriffe auf Aleppo - das syrische Regime und seine russischen Verbündeten - sollten vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zur Rechenschaft gezogen werden. Am Dienstag kündigte Russlands Botschafter Alexander Orlow im französischen Radiosender Europe 1 an, für den 19. Oktober sei nun mit Hollande ein Treffen in Berlin geplant, um mit Kanzlerin Merkel die Krisenlage in der Ukraine zu beraten. An dem Treffen im sogenannten Normandie-Format würde aus Kiew auch der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko anreisen. Weder in Paris noch in Berlin gab es dafür bis Dienstagabend allerdings eine Bestätigung. Stattdessen erweckte die offenbar voreilige Ankündigung aus Moskau unter Diplomaten den Eindruck, dass Russland zwar immer wieder Streit suche, aber einen Zustand des dauerhaften Nicht-Dialogs dann doch vermeiden wolle. Dies sei kein Zeichen besonderer Kompromissbereitschaft, aber doch ein Beleg dafür, wie groß die Sorge vor einer umfassenden Isolierung sei, hieß es weiter.

Die Spannungen erschweren die Gespräche über die Ostukraine

Tatsächlich wäre es kein Fehler, wenn sich Hollande, Putin, Poroschenko und Merkel nach Monaten des Stillstands in der Ostukraine wieder zusammensetzen würden, um den Bemühungen für einen dauerhaften Waffenstillstand und eine Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk neue Impulse zu geben. Bis heute herrscht an der Konfrontationslinie keine Ruhe; daran konnte auch ein zuletzt von Deutschland initiiertes Entflechtungsabkommen wenig ändern. Nach wie vor verletzen beide Seiten die eigentlich vereinbarte Waffenruhe. Nur in den Tagen rund um den 1. September hatte sich die Lage kurz beruhigt. An diesem Tag beginnt traditionell das neue Schuljahr.

Der Grund für den Stillstand liegt nach Meinung vieler Beobachter nicht nur, aber vor allem in Russland und bei den Separatisten. Nach Einschätzung der Beobachter der OSZE verzögern beide Seiten Fortschritte. Dabei schieben sie sich gegenseitig die Schuld dafür zu. Während Kiew die Verletzung der Waffenruhe als Grund dafür nimmt, warum es noch immer kein neues Lokalwahlgesetz gibt, verweisen die Separatisten darauf, dass echte Fortschritte nur bei Vorlage dieses Wahlgesetzes möglich würden.

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