Frankreich:Transporter rast in Bushaltestellen

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Der Täter von Marseille war offenbar in psychiatrischer Behandlung. Bei der Amokfahrt soll er mit der Einrichtung telefoniert haben. Eine 42-jährige Frau wurde bei dem Vorfall getötet, eine weitere Person wurde verletzt.

Von Annette Zoch, München

Ein Kleinlaster hat am Montagmorgen in der französischen Hafenstadt Marseille zwei Bushaltestellen gerammt, eine Passantin wurde bei dem Angriff getötet. Eine weitere Person wurde verletzt. Gegen neun Uhr raste der Fahrer mit einem weißen Renault Master im Stadtviertel La Valentine in ein gläsernes Bushäuschen. Er erfasste dort eine 42-Jährige und verletzte sie tödlich, berichtet die Zeitung La Provence. Kurz darauf fuhr der Mann im Stadtteil Croix-Rouge in eine weitere Bushaltestelle und verletzte dort eine 29-Jährige schwer. Wegen der Sommerferien warteten an diesem Morgen nicht mehr Personen an den Bushaltestellen. Gut eine Stunde später wurde der Fahrer in der Nähe des alten Hafens festgenommen.

Der Verdächtige soll wegen Drogenhandel,Waffenbesitz und Diebstahl bekannt gewesen sein

Die Attacke geschah nur vier Tage nach dem Terroranschlag mit einem Kleinlaster in Barcelona, zu dem sich die Terrormiliz IS bekannt hatte. In Marseille gab es dagegen zunächst keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund, sagte Staatsanwalt Xavier Tarabeux. Wahrscheinlicher ist, dass der Täter an psychischen Problemen litt. "Im Moment verfolgen wir diese Spur", sagte Tarabeux. Nach Informationen von La Provence handelt es sich bei dem Fahrer um einen 35 Jahre alten Mann aus La Tronche bei Grenoble. Er habe sich in einer psychiatrischen Klinik in Marseille behandeln lassen und auf seiner Amokfahrt offenbar auch mit der Einrichtung telefoniert. Bei ihm sei ein Schreiben im Zusammenhang mit einer psychiatrischen Klinik gefunden worden, teilte auch die Staatsanwaltschaft mit.

Der Verdächtige soll der Polizei wegen Drogenhandel, Waffenbesitz und Diebstahl bereits bekannt gewesen sein, nicht jedoch als potenzieller islamistischer Gefährder. Die Anti-Terror-Ermittler seien derzeit nicht eingebunden, hieß es. Gefasst wurde der Amokfahrer deshalb so schnell, weil sich ein Augenzeuge das Nummernschild des Fahrzeuges gemerkt und die Polizei rasch wichtige Ausfallstraßen gesperrt hatte. Den Lieferwagen hatte der Mann kurz vor der Tat gestohlen. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, die Gegend rund um den alten Hafen zu meiden.

In Frankreich herrscht schon seit Langem eine angespannte Sicherheitslage. In Nizza hatte ein IS-Sympathisant im Juli 2016 einen terroristischen Anschlag mit einem Lastwagen begangen, seither haben zahlreiche weitere Attentäter Lieferwagen oder Autos als Waffen eingesetzt - so auch in Deutschland, beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz. In Frankreich war erst Anfang des Monats ein Mann bei Paris in eine Gruppe Soldaten gefahren. In diesem Fall geht die Polizei von einem terroristischen Hintergrund aus.

© SZ vom 22.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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