Frankreich:Mann von gestern

Der konservative Kandidat Fillon ist nicht mehr zu halten.

Von Christian Wernicke

Nein, dieser Mann wird nicht Präsident der Republik. Nicht mehr. François Fillon, vor zwei Monaten der Favorit der Präsidentschaftswahl, mag sich noch sträuben. Doch sein Rücktritt ist unvermeidlich. Dieser Konservative, der stets den biederen Ehrenmann vom Land gab, hat sich mit der Gier, mit der er für sich und die Seinen in die Honigtöpfe langte, politisch ruiniert.

Sicher, nach Rechtslage (und aktuellem Stand der Ermittlungen) hat Fillon nichts Illegales getan. Und doch hat er falsch gehandelt. Er hat seiner Frau lukrative Verträge (mutmaßlicher Gesamtwert: 831 000 Euro brutto) als Mitarbeiterin zugeschanzt - ohne dass Penelope Fillon in Akten oder in Erinnerungen der Bürger als Angestellte ihres Gatten Spuren hinterlassen hätte. Sie selbst bezeugte, sie sei "niemals seine Assistentin" gewesen. Und weiter ging's: Beraterverträge für zwei Kinder, findige Selbstvermarktung als Consultant, Schecks aus der Fraktionskasse - Fillon kannte all die Tricks jenes französischen "Systems", das er als Wahlkämpfer zu bekämpfen vorgibt.

Die Franzosen haben ihren Politikern diese Gutsherrenart lange durchgehen lassen. Zu lange - aber nicht mehr. Die Skandale der vergangenen Jahre schürten Verdruss, schärften das Bewusstsein. Fillon hat diesen Kulturwandel nicht begriffen, bis heute nicht. Er ist, auch insofern, ein Kandidat von gestern. Und schon morgen nicht mehr haltbar.

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