Frankreich:Macrons Partei kann auf breite Mehrheit hoffen

Nach den Parlamentswahlen will der Präsident Reformen durchsetzen.

Von Leo Klimm, Paris

Bei der Parlamentswahl in Frankreich am Sonntag konnte Präsident Emmanuel Macron auf einen klaren Sieg hoffen. Erwartet wurde, dass seine Partei La République En Marche (En Marche) im ersten Wahlgang ein Drittel der Stimmen erhält. Zweitstärkste Kraft würden letzten Umfragen zufolge die konservativen Republikaner, für die gut 20 Prozent der Wähler stimmen wollten. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe lagen noch keine Ergebnisse vor. Den Prognosen zufolge dürfte der Abstand zwischen En Marche und den Bürgerlichen ausreichen, damit Macrons Partei im zweiten Wahlgang am nächsten Sonntag die absolute Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung gewinnt. Das Wahlrecht begünstigt die Kandidaten, die nach der ersten Runde in den 577 Stimmbezirken in Führung liegen. Meist werden sie nicht mehr überholt.

Für die erste Runde zeichnete sich eine schwache Beteiligung ab. Diese lag um 17 Uhr bei etwa 41 Prozent, das sind sieben Prozentpunkte weniger als bei der Parlamentswahl 2012. Damit schien sich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung zu ergeben. Nach monatelangem Dauerwahlkampf, der im November mit den Vorwahlen zur Präsidentenwahl begann und in Macrons Kür zum Staatschef im vergangenen Monat gipfelte, herrscht in Frankreich eine gewisse Wahlmüdigkeit.

Für Macron hat der Urnengang, an dem 47 Millionen Stimmberechtigte teilnehmen dürfen, eine große Bedeutung: Um ihr Programm aus Wirtschafts- und Bildungsreformen durchzusetzen, benötigen der Präsident und sein Premierminister Édouard Philippe eine Mehrheit in der Nationalversammlung. Absehbar ist, dass die Abgeordnetenkammer personell stark erneuert wird. Von den bisherigen Parlamentariern haben sich 40 Prozent nicht wieder zur Wahl gestellt. Hinzu kommt die Schwäche der etablierten Parteien und der Umstand, dass ein Großteil der Kandidaten von En Marche neu in der Politik ist.

Während die Konservativen zumindest ihren Rang als stärkste Oppositionskraft wahren dürften, kündigte sich für die Sozialistische Partei ein Debakel an. Der Partei von Alt-Präsident François Hollande, die bisher die Regierung stellte, wurden weniger als zehn Prozent der Stimmen vorausgesagt. Da die Parteienfinanzierung vom Wahlerfolg abhängt, drohen den Sozialisten nun Geldprobleme. In beiden Traditionsparteien - bei Sozialisten wie Republikanern - schwelen Konflikte über den Kurs, die jetzt eskalieren könnten. Die radikalen Parteien schnitten den Prognosen zufolge schlechter ab als bei der Präsidentschaftswahl. Der rechte Front National (FN) konnte mit 17 Prozent rechnen, die linke Formation Das unbeugsame Frankreich mit zwölf Prozent. Die Chefs der beiden Parteien, Marine Le Pen (FN) und der Linksradikale Jean-Luc Mélenchon, haben aber gute Aussichten, in die Nationalversammlung einzuziehen. Für die Entscheidungswahl am nächsten Wochenende sind die Kandidaten qualifiziert, die am Sonntag mindestens 12,5 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten ihres Kreises erhalten haben.

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