Frankreich:Macron verspricht "radikal neuen Weg"

Frankreich: Frankreichs Präsident Macron spricht im Palast von Versailles

Frankreichs Präsident Macron spricht im Palast von Versailles

(Foto: AFP)
  • Macron erklärte in Versailles, das Volk habe mit seiner Wahl "den Willen für einen tiefen Wandel" bekundet.
  • Der Präsident bekannte sich zu einer sozialliberalen Politik der Chancengleichheit, die jedem Franzosen die Möglichkeit zu sozialem Aufstieg eröffnen solle.
  • Oppositionelle Abgeordnete kritisierten die Inszenierung im Schloss von Versailles als eine "Geldverschwendung".

Von Christian Wernicke, Paris

Präsident Emmanuel Macron hat Frankreich "einen entschlossenen und grundlegenden Umbau" seiner Politik wie seiner Institutionen versprochen. In einer Grundsatzrede in Versailles kündigte Macron am Montag an, er wolle einen "radikal neuen Weg" einschlagen. Der Präsident bekannte sich zu einer sozialliberalen Politik der Chancengleichheit, die jedem Franzosen die Möglichkeit zum sozialen Aufstieg eröffnen solle. Zugleich kündigte er eine Serie von Verfassungsänderungen an, die er notfalls per Referendum durchsetzen will: So möchte Macron die Nationalversammlung und den Senat um ein Drittel verkleinern, dem Parlament aber zugleich mehr Rechte geben. Macron wollte mit seiner zum Teil abstrakten Rede, so hatten Vertraute gesagt, "den Grundton setzen für seine fünfjährige Amtszeit". Dazu hatte Macron den französischen Kongress einberufen, die gemeinsame Versammlung der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung und der 348 Senatoren. Macron erklärte, das Volk habe mit seiner Wahl "den Willen für einen tiefen Wandel" bekundet.

Grundsätzlich sprach sich Macron für eine Politik aus, die dem einzelnen Bürger in einer Leistungsgesellschaft mehr Freiheit und zugleich mehr Schutz gewähren soll: "Ich lehne es ab, zwischen Ehrgeiz und sozialer Gerechtigkeit zu wählen." Zugleich will Macron den französischen Staat dezentralisieren und "mehr Experimente" zulassen.

Er wolle die Franzosen "befreien und schützen, ihnen erlauben Neues zu wagen und dabei einen Platz für jeden schaffen". Politisch brisant sind Macrons Ideen zur Reform des Parlaments. Er will, dass die Nationalversammlung weniger Gesetze erlässt und sich stärker auf die Kontrolle der Regierung konzentriert. Zudem sollen fortan alle Gesetze zwei Jahre nach Inkrafttreten überprüft werden. Zugleich sprach er sich für eine Änderung des Wahlrechts aus: Er will das bisherige Mehrheitswahlrecht mit mehr "Proportionalität" ergänzen, um kleineren Parteien mehr Chancen zu gewähren, ins Parlament zu gelangen. Macron kündigte auch an, im Herbst den seit den Terroranschlägen vom November 2015 geltenden Ausnahmezustand aufzuheben. Bis dahin will er ein verschärftes Anti-Terror-Recht durchsetzen. Er verwahrte sich gegen die Kritik von Bürgerrechtlern und versicherte, alle Freiheitsbeschränkungen würden richterlicher Kontrolle unterworfen. Ausdrücklich bekannte sich Macron zu Europa und zur deutsch-französischen Zusammenarbeit: "Ich glaube fest an Europa." Die EU müsse gemeinsam handeln, um politische Flüchtlinge zu schützen, zugleich mehr tun, um den Menschenhandel einzudämmen. Europa müsse "den anfänglichen Atem widerfinden", der die Gründerväter des vereinten Kontinents beseelt und alte Rivalitäten überwunden habe. Oppositionelle Abgeordnete kritisierten die Inszenierung im Schloss von Versailles als "Geldverschwendung". Rechte wie linke Kritiker hielten Macron vor, er entwerte die für diesen Dienstag geplante Antrittsrede seines Premiers Édouard Philippe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: