Frankreich:Jetzt ist der Terror im Zentrum

Nach dem Anschlag auf Polizisten in Paris verschärft sich die Tonlage vor der Präsidentenwahl erneut. Der Täter war wegen versuchten Mordes vorbestraft.

Von Nadia Pantel

Frankreich: Einschussloch an einem Gebäude an den Champs-Élysées.

Einschussloch an einem Gebäude an den Champs-Élysées.

(Foto: Philippe Lopez/AFP)

Der Mord an einem Polizisten hat Paris kurz vor der Präsidentschaftswahl am Sonntag in Alarmbereitschaft versetzt. Am Donnerstagabend gegen 21 Uhr schoss ein Mann aus einem Auto heraus mit einer Automatikwaffe auf der Pariser Prachtstraße Champs-Élysées auf einen Mannschaftswagen der Polizei. Ein Polizist wurde bei dem Angriff getötet, zwei weitere Polizisten wurden schwer verletzt. Auch eine deutsche Touristin, die neben den Beamten stand, wurde verletzt. Der Angreifer wurde noch am Tatort von Polizisten erschossen, "neutralisiert", wie es die Behörden formulierten. Die Terrororganisation Islamischer Staat reklamierte die Tat für sich. Die Regierung wertet den Angriff als Terroranschlag. Am Freitagabend teilte die Pariser Staatsanwaltschaft mit, dass es sich bei dem Angreifer um den 39-jährigen Karim C., einen mehrfach vorbestraften Franzosen, handele. Dieser sei erst vor zwei Monaten, am 23. Februar, wegen des Verdachts festgenommen worden, Polizisten töten zu wollen. Er wurde mangels Beweisen wieder freigelassen. Bereits 2005 war er wegen mehrfachen versuchten Mordes zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, von denen er zehn Jahre absaß.

Nach Angaben des Anti-Terror-Staatsanwalts François Molins wurde bei der Leiche des Angreifers ein handschriftlicher Zettel gefunden, auf dem der IS verteidigt werde. Das Papier sei dem Mann vermutlich aus der Tasche gefallen.

Die Staatsanwaltschaft geht nun Spuren möglicher Komplizen nach.

Drei Angehörige des Täters seien bereits befragt worden. Die Tat ereignete sich drei Tage vor der französischen Präsidentschaftswahl und wurde umgehend von allen Kandidaten kommentiert. Der sozialliberale Emmanuel Macron, der als Favorit der Wahl gilt, sagte am Freitag, er sei "bereit, die Franzosen zu beschützen". Er werde die Geheimdienste stärken, um Terroristen Handlungsspielräume zu nehmen. Die Vorwürfe seiner Gegner, dass er mit seinen 39 Jahren zu unerfahren sei, um den Frieden im Land zu wahren, wies er zurück: "Von welcher Erfahrung sprechen Sie denn? Von der Erfahrung von Frau Le Pen, die seit Jahren Beschimpfungen, Lügen oder Unverantwortlichkeiten verbreitet? Die Erfahrung eines ehemaligen Premierministers, der für die Streichung der Stellen in Armee und Polizei verantwortlich ist?"

Trump twitterte, der Angriff in Paris werde einen "großen Effekt auf die Wahl" haben

Macron griff damit direkt die Kandidatin des rechtsextremen Front National an, Marine Le Pen, und den Kandidaten der Republikaner, François Fillon. Die beiden rechten Kandidaten haben ähnliche Vorstellungen, wie der nicht endende Terror in Frankreich zu bekämpfen sei: Terroristen die Staatsangehörigkeit entziehen, Verdächtige inhaftieren, Zugang zu Asyl erschweren, Grenzen stärker kontrollieren. Le Pen reagierte mit wuchtigen Worten auf den Anschlag. Sie sagte am Freitag: "Ich rufe zum Erwachen der tausendjährigen Seele unseres Volkes auf, die in der Lage ist, der blutigen Barbarei eine Entschlossenheit entgegenzustellen, die durch nichts eingeschüchtert wird."Als konkrete Maßnahme fordert Le Pen unter anderem die Ausweisung aller als islamische Radikale eingestuften Ausländer und die Verhaftung aller Franzosen unter demselben Verdacht. Auch Fillon versprach, alle als "Gefährder" eingestuften Ausländer und Franzosen einzusperren oder zu überwachen. Er sagte am Freitag, Frankreich sei "in einem Krieg, der noch lange dauern" werde. Zudem behauptete er, dass am Donnerstag weitere terroristische Angriffe stattgefunden hätten, ohne Details oder Belege zu nennen. Polizei und Innenministerium dementierten dies.

Von den vier führenden Kandidaten war der linke Jean-Luc Mélenchon der einzige, der am Freitag seinen Wahlkampf nicht einstellte. Man dürfe den demokratischen Prozess nicht unterbrechen, sagte Mélenchon, sonst hätten "die Gewalttäter das letzte Wort".

Die Wahl am Sonntag soll wie geplant stattfinden. Das Innenministerium will die Abstimmung von 50 000 Polizisten sichern lassen.

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