Frankreich:Es wird wohl länger dauern

Frankreich: Will weitreichende Befugnisse: Präsident Macron.

Will weitreichende Befugnisse: Präsident Macron.

(Foto: Ludovic Marin/AP)

Noch gönnten sich zu viele Franzosen Spaziergänge und Strandbesuche, findet der Präsident. Er plant den "Gesundheitsnotstand".

Von Nadia Pantel, Paris

Frankreich stellt sich auf eine Verlängerung der Ausgangssperre ein. Seit Dienstagmittag dürfen Bürger nur mit einem Passierschein und nur für wichtige Einkäufe, nicht verzichtbare Arbeiten und um Kranken zu helfen ihre Wohnung verlassen. Der Professor für Infektiologie, Gilles Pialoux, vom Pariser Tenon Krankenhaus sagte, dass die Beschränkungen der Zivilgesellschaft "selbstverständlich" länger als 14 Tage gelten müssten. Die Frist von zwei Wochen stelle nur eine erste Phase dar, innerhalb derer "der undisziplinierte Teil der Franzosen die Pille schlucken" müsse, einen wirklichen Effekt hätten die Maßnahmen aber erst, wenn sie länger angewendet würden.

Präsident Emmanuel Macron hatte zunächst nur eine Ausgangssperre bis Ende März angeordnet. Nach einem Besuch des Forschungszentrums Institut Pasteur am Donnerstag sagte Macron Journalisten, dass noch "zu viele" Franzosen die Verhaltensmaßregeln "auf die leichte Schulter" nehmen würden. "Wenn ich sehe, dass die Menschen weiterhin in die Parks, an den Strand oder auf den Markt gehen, dann heißt das, dass sie die Botschaft nicht verstanden haben," so Macron. Am Donnerstag wurden alle französischen Strände entlang der Mittelmeerküste gesperrt.

Neben einer Verlängerung der Ausgangssperre gehört auch eine Verhängung des "Notstands für die Gesundheit" zu den Maßnahmen, die Regierung und Präsident ergreifen können. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde im Senat ein entsprechendes neues Gesetz durch den Senat gebracht.

Der Gesundheitsnotstand kann für das gesamte Land oder für einzelne Regionen ausgerufen werden. Ist er in Kraft getreten, kann der Premierminister per Dekret zunächst für zwölf Tage die Freizügigkeit und die Gewerbefreiheit einschränken und Versammlungsverbote anordnen. Zudem wird dem Staat das Recht eingeräumt, Güter und Produktionsmittel zu beschlagnahmen. Eine Verlängerung muss vom Parlament beschlossen werden.

Das Gesetz wurde am Freitag in der Nationalversammlung diskutiert. Sie tagt nur noch in stark reduzierter Form. Dutzende Abgeordnete sind mit Corona infiziert, darunter auch der Vorsitzende der konservativen Republikaner, Christian Jacob. Zu der Sitzung am Freitag schickten die Fraktionen jeweils nur einen Vertreter.

Die großen Reformprojekte der Regierung sind vertagt. Eigentlich hatten Macron und sein Premierminister Édouard Philippe noch vor der Sommerpause eine Umstellung des Rentensystems durchsetzen wollen. Die Reform hatte zu einem knapp zweimonatigen Streik geführt und stieß bei der Opposition auf massiven Widerstand, sie soll vorerst nicht mehr umgesetzt oder diskutiert werden.

Zu den vom Coronavirus am stärksten betroffenen Gebieten gehören die Region Grand Est, die an der Grenze zu Deutschland, Luxemburg und Belgien liegt, und die Metropolregion um Paris, dort leben zwölf Millionen Franzosen. Allein am Donnerstag waren in Frankreich 108 Menschen gestorben, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatten.

Um die überfüllten Krankenhäuser in Ostfrankreich zu entlasten, wurde am Freitag mit dem Aufbau eines Feldlazaretts begonnen. In der Nähe von Mulhouse baut das Militär die Infrastruktur auf, um 30 Betten zur Verfügung zu stellen. Dort können Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt werden. Bereits am Mittwoch hatte die Armee Krankentransporte übernommen. Sechs Patienten waren mit Hilfe von Militärflugzeugen nach Südfrankreich verlegt worden. Dort sind die Krankenhäuser weniger ausgelastet.

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