Frankreich:Ermittler nehmen Fillon in die Zange

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Im Fokus der Justiz: Der französische Präsidentschaftsbewerber François Fillon (Foto: REUTERS)
  • Der französische Präsidentschaftsbewerber François Fillon wird verdächtigt, seiner Familie Millionen Euro aus öffentlichen Kassen zugespielt zu haben.
  • Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft, ob sich das Ehepaar Fillon unter anderem der Veruntreuung öffentlichen Geldes mitschuldig gemacht hat.
  • Heikel für Fillon sind zudem neue Einzelheiten über die Tätigkeiten, die zwei seiner Kinder für ihn ausübten.

Von Christian Wernicke, Paris

François Fillon, umstrittener Präsidentschaftsbewerber von Frankreichs Republikanern, gibt nicht auf: "Ich bin der einzige Kandidat, der Frankreich erneuern kann", sagte der 62-jährige Ex-Premier am Montag auf einer eilig arrangierten Pressekonferenz. Die langjährige Beschäftigung seiner Frau und die zeitweise Tätigkeit von zweien seiner Kinder als parlamentarische Assistenten seien "völlig legal und korrekt" gewesen, beteuerte der Konservative. Zwar räumte Fillon ein, die Anstellung von Angehörigen sei "eine Praxis, die die Franzosen inzwischen ablehnen". Er habe mit Vertrauten arbeiten wollen, "aber das weckt heute Misstrauen". Das, aber eben nur das sei "ein Fehler". Und eben nur den bedauere er zutiefst, "ich bitte die Franzosen um Entschuldigung."

Fillon versprach, sein Vermögen sowie sämtliche Belege über die Parlaments-Jobs seiner Familie zu veröffentlichen. Er beklagte, Opfer einer Kampagne zu sein: "Man hat mich gelyncht." Französische Medien hatten berichtet, Fillons Familie habe über die Jahre knapp eine Million Euro brutto aus öffentlichen Kassen erhalten. Fillon machte am Montag eine Gegenrechnung auf: Seine Frau Penelope habe über 15 Jahre im Durchschnitt 3677 Euro im Monat netto verdient: "Ihr Gehalt war absolut gerechtfertigt." Einen Rücktritt lehnte Fillon ab: "Den Medien steht es nicht zu, mich zu richten - das ist Sache der Franzosen."

Die Republikaner schienen am Montagabend entschlossen zu sein, trotz Einbrüchen in den Umfragen mit Fillon in den Wahlkampf zu ziehen. Der Abgeordnete Georges Fenech, zuletzt einer der härtesten Kritiker des Kandidaten, sagte, es sei nun an Fillon, "die Franzosen zu überzeugen." Bereits am Montagmorgen hatte Alain Juppé, der Zweitplatzierte bei der Vorwahl der Republikaner, Spekulationen zerstreut, er stehe als Ersatzkandidat für Fillon bereit. "Nein heißt nein", sagte Juppé in Bordeaux.

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Die Tageszeitung Le Monde veröffentlichte am Montag neue Details über die bisherigen Ermittlungen der Justiz. Eine auf Finanzdelikte und Korruption spezialisierte Staatsanwaltschaft (PNF) prüft, ob sich das Ehepaar Fillon der Veruntreuung öffentlicher Gelder oder der Unterschlagung mitschuldig gemacht hat.

Die Staatsanwälte gehen dem Verdacht der Korruption nach

So prüfen die Ermittler inzwischen, warum Penelope Fillon 2012 und 2013 eine lukrative Beschäftigung als "literarische Beraterin" der renommierten Zeitschrift Revue des Deux Mondes erhalten hatte (Gesamtverdienst 100 000 Euro brutto). Dem Verleger, dem Milliardär und Fillon-Freund Marc Ladreit de Lacharrière, war zwei Jahre zuvor das Großkreuz der Ehrenlegion verliehen worden, der höchste Rang für normal sterbliche Franzosen (mit Ausnahme des Präsidenten). Angeblich soll der damalige Präsident Nicolas Sarkozy der Ehrung nur nach langem Drängen seines damaligen Premierministers Fillon zugestimmt haben. Die Staatsanwälte gehen offenbar dem Verdacht nach, die Beschäftigung der Gattin könne eine Gegenleistung und also Korruption gewesen sein.

Zu ihrer Arbeit als Parlamentsassistentin beteuerte Penelope Fillon laut Le Monde bei Vernehmungen, sie habe in den sieben Jahren, in denen sie als Angestellte ihres Ehemannes monatlich bis zu 5050 Euro brutto verdiente, dem damaligen Abgeordneten regelmäßig zugearbeitet: "Ich habe ihm die Unterlagen vorbereitet." Brisanter sind die Details, die Madame Fillon über ihre Tätigkeit als Parlamentsassistentin von Mai 2002 bis August 2007 preisgab. In dieser Zeit, da François Fillon Minister, Senator oder Premierminister war, diente sie dem Ersatz-Abgeordneten Marc Joulaud als Mitarbeiterin. Dabei hatte Penelope Fillon laut Recherchen des Canard Enchaîné bis zu 10 167 Euro brutto im Monat erhalten - weit mehr als das Salär eines Mitglieds der Nationalversammlung. Den Ermittlern erklärte Madame Fillon, sie habe Joulaud in aller Regel zweimal wöchentlich getroffen. Protokolle von den Gesprächen gibt es jedoch nicht.

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Die Darstellung von François Fillon weicht davon ab. Der Ex-Premier erklärte den Ermittlern, er habe seine Frau bei Joulaud platziert, um "die Hand über dem Wahlkreis zu haben". Laut Le Monde fügte er hinzu: "Ich habe Marc Joulaud gebeten, meine Frau als seine Mitarbeiterin einzustellen. Die Bezahlung wurde im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt - aber auf meine Initiative hin." Offenbar war er es auch, der sich um die Abführung von Sozialabgaben kümmerte. Diese Darstellung nähren Deutungen in Paris, wonach Madame Fillon selbst nicht alle Details ihres Arbeitsverhältnisses mit der Nationalversammlung gekannt habe. Mehrere Politikerinnen hatten geäußert, Madame Fillon sei "mehr Opfer" als Mittäterin.

Heikel für Fillon sind zudem neue Einzelheiten über die Tätigkeiten, die zwei seiner Kinder als bezahlte Assistenten in seiner Zeit als Senator (2005-2007) ausübten. Seine Tochter Marie soll ihm vor allem geholfen haben, ein 2006 erschienenes Buch zu schreiben (Titel: "Frankreich kann die Wahrheit ertragen"). Sohn Charles verbrachte seine Assistentenzeit damit, das Programm des damaligen konservativen Präsidentschaftskandidaten Nicolas Sarkozy mit zu erarbeiten. Eine solche Beschäftigung von Parlamentsangestellten für Parteizwecke wäre wohl rechtswidrig. Vater Fillon versicherte am Abend, sein Sohn habe "nur Papiere" vorbereitet und nicht Wahlkampf für Sarkozy gemacht. Um dann hinzuzufügen, er selbst wolle nun "eine neue Kampagne beginnen" - und durchstarten.

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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