Frankreich:Die Korrektur

Endlich werfen die Franzosen das Wort "Rasse" aus ihrer Verfassung - eine Entscheidung, zu der Deutschland sich nicht durchringt.

Von Nadia Pantel

Weiße Urlauber, die durch Asien, Afrika oder Südamerika reisen, erleben, dass die Mehrheit der Menschen anders aussieht als sie. Wenn diese anders aussehende Mehrheit "Langnase" oder "Gringo" oder Schlimmeres ruft, wähnt sich mancher rassistisch beleidigt. Das Beleidigtsein geht in Ordnung, von Rassismus zu sprechen nicht.

Die Einteilung der Menschheit in "Rassen" ist eine Idee weißer Europäer. Im Namen dieser Idee behandelten europäische und amerikanische Sklavenhändler afrikanische Männer, Frauen und Kinder schlechter als Tiere. Rassismus beschreibt daher nicht gegenseitiges Beleidigen aufgrund von Hautfarbe. Rassismus benennt die Tatsache, dass weiße Wissenschaftler und Politiker über Jahrhunderte schwarzen Menschen jede Würde aberkannten. In Frankreich geschah dies durch den "Code Noir", das Schwarze Gesetzbuch. Ein Text, der 163 Jahre lang festlegte, dass Sklaven nur der Bereicherung ihres Besitzers dienten. Nirgends gab oder gibt es ein Gesetz, das umgekehrt weißen Menschen pauschal die Menschenwürde abspricht.

Frankreichs Parlament hat nun das Wort Rasse aus der Verfassung gestrichen. Es stand dort, um Rassismus zu vermeiden. Nur stand es dort auch, als bezeichne es eine reale Kategorie. Durch das Streichen verschwinden die Verbrechen der Rassisten nicht. Doch solange das Wort unkommentiert in einer Verfassung steht, behält es einen Hauch von Wahrheit. Es ist gut, dass Frankreich eine Entscheidung trifft, zu der Deutschland sich nicht durchringt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: