Die Wirklichkeit zu deuten ist nicht immer einfach. Nicht, wenn man sie so genau kennt wie Gérard Herault. Über eine Stunde lang hat der Bürgermeister von Chambretaud nach Gründen gesucht, warum die Leute im Dorf neulich so getreu für François Fillon stimmten, den konservativ-katholischen Kandidaten der französischen Rechten. Herault, selbst Republikaner, hat die bodenständige Bescheidenheit der Menschen hier draußen in Frankreichs Westen gepriesen. Er hat an die Leidensgeschichte während des Aufstands in der Vendée vor mehr als 200 Jahren erinnert und daran, dass die Soldaten der Französischen Revolution Hunderttausende Bauern massakrierten. Sogar die Landschaft hat er bemüht ("Sanfte Hügel, darunter Granit!"), das präge den Charakter. Genau so sei Fillon, "der passt zu uns." Deshalb habe der Republikaner 122 von 134 Stimmen ergattert, 91 Prozent, Rekord im Département. Worüber auch der Bürgermeister grinsen muss: "91 Prozent, das ist wie früher in der Sowjetunion."
Frankreich:Der fromme François und seine Schäfchen
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Frankreichs Kirche ist in der Krise, doch die Präsidentschaftsvorwahlen der Konservativen gewann mit Fillon ein Kandidat mit betont christlichem Programm. Ein Besuch an seiner gläubigen Basis.
Von Christian Wernicke, Chambretaud
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