Frankreich:Cazeneuve, Hollandes Allzweckwaffe auf den letzten Metern

  • Bernard Cazeneuve wird Frankreichs neuer Premierminister. Manuel Valls ist am Montagabend zurückgetreten.
  • Der 53-jährige Cazeneuve gilt als enger Vertrauter von Präsident Hollande.
  • Als Innenminister hat er sich einen Namen als besonnener Krisenmanager gemacht. Im Falle eines weiteren Terroranschlags wird Cazeneuves Erfahrung im Innenministerium fehlen.

Von Lilith Volkert

Bernard Cazeneuve hat offenbar für jeden Zweck das richtige Werkzeug parat. Der 53-Jährige - bisher Frankreichs Innenminister, ab sofort Premier - ist das "Schweizer Taschenmesser" in der Regierung, schrieb das Nachrichtenmagazin Le Nouvel Observateur vor einigen Tagen.

Präsident François Hollande kann so eine Allzweckwaffe gut gebrauchen. Der bisheriger Premierminister Manuel Valls ist am Montagabend zurückgetreten, weil er kommendes Jahr selbst Präsident werden möchte. Vorher hatte er Hollande - mit Erfolg - dazu gedrängt, auf eine weitere Kandidatur zu verzichten.

Bleiben dem Präsidenten also noch fünf Monate, um seine Amtszeit halbwegs anständig zu beenden. Bernard Cazeneuve soll Hollande dabei helfen. Seine Regierungsmannschaft wird sich - vom neuen Innenminister Bruno Le Roux und einem Postentausch zweier Staatssekretäre abgesehen - nicht von der vorherigen unterscheiden.

Cazeneuve gilt als besonnener Krisenmanager

Als Innenminister hat Cazeneuve gezeigt, dass er auch in sehr schwierigen Situationen Herr der Lage bleibt. In seiner Amtszeit gab es in Frankreich drei große Terroranschläge mit mehr als 200 Toten. Mit seiner unerschütterlichen Ruhe punktete er sogar bei politischen Gegnern. Cazeneuve und seine Mitarbeiter bereiteten auch die Räumung des riesigen Flüchtlingslagers von Calais vor.

Dass Cazeneuve das Innenministerium nach knapp drei Jahren verlässt, birgt ein gewisses Risiko. Falls es vor der Wahl zu einem weiteren Anschlag kommt, werden seine Erfahrung und Besonnenheit hier fehlen. Bruno Le Roux, bisher Fraktionsführer der Sozialisten in der Nationalversammlung, wird sich schwertun, die Lücke zu füllen, die sein Vorgänger hinterlässt.

Offenbar überwogen bei Hollandes Entscheidung aber die Gründe, Cazeneuve die Regierungsgeschäfte anzuvertrauen. Die beiden sind in den letzten Jahren zu engen Vertrauten geworden. Cazeneuve gilt als überaus loyal, Verstimmungen klärt er intern. Hollande war dabei, als Cazeneuve vergangenen Sommer ein zweites Mal die Mutter seiner beiden Kinder heiratete, von der er zwischenzeitlich geschieden war.

Hollandes Vertrauen in Cazeneuve ist so groß, dass er Gerüchten zufolge sogar mit dem Gedanken gespielt hat, ihm auch als Regierungschef den Posten des Innenministers zu belassen. So viel möchte er seiner Allzweckwaffe dann aber doch nicht zumuten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: