Frankreich:Alle gegen Le Pen - sonst droht der "Bürgerkrieg"

Marine Le Pen greets Marion Marechal-Le Pen during a political rally as they campaign for the upcoming regional elections in Paris

Familienbetrieb Front National: Marine Le Pen (Mitte, links) mit ihrer Nichte Marion Maréchal-Le Pen.

(Foto: REUTERS)

Vor der zweiten Runde der Regionalwahlen warnt Frankreichs Premier mit drastischen Worten vor dem rechtsextremen Front National.

Von Christian Wernicke, Paris

Frankreichs Regierungschef Manuel Valls hat vor dem zweiten Durchgang der Regionalwahlen vor einem "Bürgerkrieg" gewarnt. Falls der rechtsextreme Front National (FN) am Sonntag in einer der insgesamt 13 Regionen die Mehrheit erobern sollte, so regiere im Land fortan "eine Vision, die die Spaltung propagiert". Valls fügte hinzu: "Diese Spaltung kann zum Bürgerkrieg führen." Der sozialistische Premier warf FN-Chefin Marine Le Pen vor, die Wähler mit unhaltbaren Versprechen zu "täuschen". Im Interview mit dem Radiosender France Inter nannte Valls den FN "eine rassistische, antisemitische Partei".

Beim ersten Wahlgang am vorigen Sonntag war der FN mit 27,7 Prozent der Stimmen landesweit stärkste Partei geworden, vor den konservativen Republikanern (26,7 Prozent) und den Sozialisten (23,1 Prozent). In sechs Regionen lag der FN vorn, in den Landstrichen Nord-Pas-de-Calais-Picardie sowie Provence-Alpes-Côte-d'Azur sogar mit mehr als 40 Prozent. Allerdings trüben Umfragen die Hoffnung der Rechtspopulisten, bei der Stichwahl am Sonntag mehrere Regionen erobern zu können: Im Norden, wo Parteichefin Marine Le Pen selbst antritt, wie auch im Südosten, wo ihre Nichte Marion Maréchal Le Pen kandidiert, scheint ein Sieg der Republikaner wahrscheinlicher.

Grund für die Trendwende ist, dass in beiden Regionen die Sozialisten ihre Listen zurückzogen und zur Wahl der bürgerlichen Opposition aufriefen. Bessere Chancen hat der FN im Osten Frankreichs. In der Region Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen hielt der regionale Parteifürst der Sozialisten, Jean-Pierre Masseret, trotz gegenteiliger Parteiorder aus Paris seine Kandidatur aufrecht. Deshalb könnten dem republikanischen Bewerber Philippe Richert am Sonntag entscheidende Stimmen der Linken fehlen, um den FN-Kandidaten Florian Philippot abzufangen. Der 34 Jahre alte Partei-Vize, ein Absolvent französischer Elite-Universitäten, gilt als einflussreichster Vertrauter von Parteichefin Le Pen.

Von hoher symbolischer Bedeutung ist der Wettlauf um den Großraum Paris. Zwar hatte die Republikanerin Valérie Pécresse im ersten Wahlgang hier mehr als fünf Prozentpunkte vor ihrem sozialistischen Konkurrenten Claude Bartolone gelegen. Dennoch gilt der PS-Bewerber und Präsident der Nationalversammlung als Favorit. Seit Sonntag haben sich die Grünen und die rivalisierende Linksfront der PS-Liste angeschlossen.

Präsident François Hollande vermied vor dem zweiten Wahlgang öffentliche Äußerungen. Nach der absehbaren Niederlage seiner Sozialisten dürfte auf der Linken jedoch eine Diskussion beginnen, ob der Amtsinhaber erneut bei den Präsidentschaftswahlen 2017 antreten soll. Premier Valls, der laut Umfragen weitaus populärer ist, hat bisher jeden Gedanken an eine eigene Kandidatur abgestritten. Sollte der FN am Sonntag in keiner der 13 Regionen siegen, könnte Valls dies als persönlichen Erfolg für seinen aggressiven Kurs gegen die Rechtsextremisten verbuchen.

Eine Debatte um Kurs und Köpfe erwartet ab Montag die Republikaner. Parteichef Nicolas Sarkozy, der FN-Wähler umworben hatte, sah sich durch die Triumphe der Le-Pen-Partei vorigen Sonntag blamiert.

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