Frankreich:Abgeordnete wollen Völkermord-Gesetz stoppen

Das umstrittene Gesetz gegen die Leugnung des Völkermords an den Armeniern ist vorübergehend gestoppt: Französische Abgeordnete haben beantragt, dass es vom Verfassungsgericht überprüft wird. Die Türkei begrüßt die Entscheidung, Präsident Sarkozy ist verärgert.

Der Streit um das französische Völkermordgesetz wird zum Fall für den Pariser Verfassungsrat: Mehr als 140 französische Abgeordnete haben das umstrittene Gesetz vorerst gestoppt, das die Leugnung des Völkermords an den Armeniern unter Strafe stellt. Parlamentarier aller Parteien brachten den Text vor den Verfassungsrat, wie die sozial-liberale Parlamentsgruppierung RDSE mitteilte.

"Der Schritt entspricht dem, was wir von Frankreich erwarten", sagte der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan. Auch Präsident Abdullah Gül begrüßte die Einleitung des Normenkontrollverfahrens: "Ich hoffe, das französische Gericht fällt die richtige Entscheidung."

Der Initiative schlossen sich 77 Senatoren und 65 Abgeordnete der Nationalversammlung an. Damit fand der Vorstoß weit mehr Anhänger als die 60 Abgeordneten, die für eine Anrufung des Verfassungsrates nötig sind. Auch Abgeordnete der konservativen Regierungspartei UMP, die das Gesetz eingebracht hatte, schlossen sich an. Der Verfassungsrat prüft ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich gegenüber Regierungsabgeordneten wenig erfreut. Falls das Gesetz annulliert werde, sehe er die Gefahr, dass dann auch die Leugnung des Holocausts nicht mehr unter Strafe stehe.

Der Senat hatte vor einer Woche das Gesetz verabschiedet, das die Leugnung eines in Frankreich anerkannten Völkermordes unter Strafe stellt. Dazu zählt das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917, bei dem nach armenischen Angaben 1,5 Millionen Menschen starben.

Die Türkei weist den Vorwurf des Völkermordes zurück und geht von einer Opferzahl von bis zu 500.000 Menschen aus. Die türkische Regierung kritisierte das Gesetz scharf, verzichtete aber zunächst auf eine Verschärfung von bereits im Dezember verhängten Sanktionen gegen Frankreich.

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