Frankfurt:Nicht alle Wege führen zum Römer

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Auch ein Friseur, ein Lachtherapeut und ein chinesischer Geschäftsmann wollen Rathaus-Chef werden: Vor allem wegen der schwachen Konkurrenz hat Oberbürgermeister Feldmann gute Chancen, im Amt zu bleiben.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Von Peter Feldmann hatte vor sechs Jahren kaum ein Mensch jenseits der Frankfurter Stadtgrenze je gehört. Doch dann wurde der heute 59-Jährige zur allgemeinen Überraschung als Nachfolger der allseits geschätzten Christdemokratin Petra Roth zum Oberbürgermeister gewählt. Feldmann, ein Sozialpolitiker vom linken Flügel, der dem wichtigen Bankensektor kaum nahe stand, dafür Kapitalismuskritikern Lob spendete. Inzwischen tritt er moderater auf, hat großen Gefallen am Amt und insbesondere der schmucken Amtskette gefunden. Er möchte die Stadt weiterregieren - in die OB-Wahl am Sonntag geht er als Favorit.

Das wiederum ist nicht allein den Verdiensten Feldmanns geschuldet, sondern zu einem guten Teil der Schwäche der insgesamt elf Herausforderer. Darunter finden sich ein Friseur aus Sachsenhausen, ein Lachtherapeut, der sich schon anderswo vergeblich um Ämter bewarb, sowie ein chinesischer Geschäftsmann mit deutschem Pass, der im Wahlkampf recht unsichtbar blieb. Das Gegenteil trifft zu für den FDP-Stadtpolitiker Volker Stein. Der frühere Ordnungsdezernent der Stadt schlägt in Sachen Sicherheit und Ausländerfragen scharfe Töne an, wird aber nicht einmal von der eigenen Partei unterstützt.

Putziges Machtzentrum: der Frankfurter Römer mit dem Rathaus in der Mitte der Treppengiebelhäuser. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Allenfalls zwei Frauen haben die Aussicht, zumindest in eine spätere Stichwahl gegen Feldmann zu gelangen. Die eine ist die Christdemokratin Bernadette Weyland, Juristin und zuletzt Staatssekretärin im Landesfinanzministerium. Sie war mit etlichen Vorschusslorbeeren bedacht worden, fällt aber inzwischen mit einer eher unglücklichen Kampagne auf. Mit manchen Forderungen verstörte sie selbst die eigenen Parteikollegen, mit ihrem Vorschlag, die Stadt solle das Fußballstadion verkaufen, erntete sie Kopfschütteln.

Dass sich Weyland als politische Beamtin von der schwarz-grünen Landesregierung in den einstweiligen Ruhestand hatte versetzen lassen, sorgte zum Jahresbeginn für Aufregung in der Stadt. Staatsrechtler beklagen diese auch anderswo und bei anderen Parteien beliebte Form der Freistellung quasi auf Staatskosten. Nun muss die 60 Jahre alte Kandidatin immer wieder erklären, dass sie ihr Übergangsgeld an mildtätige Organisationen spendet. Doch das schafft die Sache nicht vollends aus der Welt. Dem politisch eher hemdsärmeligen Feldmann ist die Frau mit den guten Manieren nur schwer gewachsen.

Elf Gegenkandidaten hat SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann bei der Wahl am Sonntag. Nur wenige muss er ernst nehmen, darunter Bernadette Weyland von der CDU. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Der OB macht das, was fast alle Spitzenkandidaten in einem Wahlkampf machen - er ignoriert seine Konkurrenten so gut es eben geht. Bei einer Podiumsdiskussion in der Frankfurter Schillerschule vor etwa 300 politisch interessierten Teens, beschwerte sich Weyland auf der Aula-Bühne, dass Feldmann sie nicht namentlich anspricht. Im Saal erntete sie dafür Ächzen. "Eingeschnappt gilt nicht", entfuhr es einem jungen Mann.

In der Banken- und Wirtschaftswelt kann Weyland auch nicht punkten. Viele Manager wünschen sich immer noch Roth zurück, die überall in der Welt eine gute Figur und Werbung für die Stadt machte. Einer sagt, von Weyland erwarte man sich nicht mehr als von Feldmann, überhaupt sei man auch international durch Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und den grünen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir anständig vertreten.

Die lebhafte Bewerberin Nargess Eskandari-Grünberg von den Grünen kam in der Wahldebatte in der Schillerschule zwar ganz gut an. Doch mehr als Außenseiterchancen räumt man der früheren Frankfurter Integrationsdezernentin nicht ein.

Der Wahlkampf dreht sich weitgehend um vier Themen, die auch andere Großstädte beschäftigen: den Wohnungsmangel, bessere Schulen, die Sicherheit und die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs. Feldmann hat eine Deckelung der Bus- und Bahntarife durchgesetzt und verspricht mehr preiswerte Wohnungen. Ob es die tatsächlich alsbald geben wird, darf bezweifelt werden. Der Brexit, der für einen Zuzug von Bankern und damit noch größere Probleme auf dem Wohnungsmarkt sorgen dürfte, spielt allerdings keine große Rolle in den aktuellen Debatten.

Trotz aller Kritik ist Feldmann weiter populär, er hat ein gutes Gespür für Stimmungen

Feldmann hat seit 2012 die Stadt nicht auf den Kopf gestellt. Seine Kritiker rügen, er mache sich den Job zu leicht. Bei seinen Anhängern ist er weiter populär, er hat ein gutes Gespür für Stimmungen. Als der von den Frankfurtern so geliebte hölzerne Goetheturm, ein Ausflugsziel im Grünen, 2017 abbrannte, versprach Feldmann sofort den möglichst originalgetreuen Wiederaufbau. Ob er diese Zusage halten wird, ist noch nicht gewiss.

Seine Eitelkeit, die immer wieder Thema in der Stadtgesellschaft ist, hat er im Wahlkampf nach Kritik aus anderen Parteien zu zügeln versucht. Doch er ließ es sich nicht nehmen, Anfang Februar persönlich Besuchergruppen in einer Art Preview durch den neuerbauten Krönungsweg zwischen Dom und seinem Amtssitz, dem Römer, zu führen. Die CDU schäumte - verhindern konnte sie das Schaulaufen im Wahlkampf aber nicht. Der OB und seine Leute sind für den Sonntag zuversichtlich, aber nicht siegesgewiss. Sie befürchten, die Anhänger könnten am Sonntag zu Hause bleiben, im Glauben, die Sache sei für den Amtsinhaber gelaufen. Oder weil sie wegen der Eskapaden der Bundespartei einfach keine Lust auf die SPD haben.

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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