Frankfurt:Ein deutscher Hetzer und seine Huldigung an Bin Laden

Der Verfassungsschutz hält Pierre Vogel für einen der gefährlichsten Islamisten hierzulande. In Frankfurt wollte der deutsche Konvertit nun ein Totengebet für Osama bin Laden sprechen - und über die "perverse Hinrichtung" seines Glaubensbruders reden.

Marc Widmann

Ein wenig von der Welt, für die Pierre Vogel kämpft, konnte man schon sehen vor zwei Wochen auf dem Rossmarkt mitten in Frankfurt. 1500 überwiegend junge Muslime strömten herbei, um ihn zu hören. Die Frauen stellten sich auf die rechte Seite des Platzes, viele kamen verschleiert, wie Vogel es wünschte. Links drängten sich die Männer, einige trugen krause Bärte wie ihr Idol, viele waren zu jung dafür, bei ihnen spross allein der Wunsch nach Erleuchtung. Zwischen den Geschlechtern patrouillierten Ordner.

Islamisten-Demo in Frankfurt

Pierre Vogel bei einer Veranstaltung auf dem Frankfurter Rossmarkt Ende April: Verfassungschützer halten den 32-Jährigen für einen der gefährlichsten deutschen Islamisten.

(Foto: dpa)

"Takbir", brüllte Vogel, als er die Bühne betrat, ein in Frechen geborener Studienabbrecher, den Verfassungsschützer für einen der gefährlichsten deutschen Islamisten halten. Weil er die Masse im Griff hat, ihre Gefühle lenken kann. Weil er Menschen fischt. "Allahu akbar", brüllten die 1500 Zuhörer zurück. Gott ist groß.

"In uns brennt es"

Der Auftritt inklusive Bekehrung von 17 Ungläubigen hat Vogel offenbar gefallen, wenn nicht gar berauscht. An diesem Samstag will er den Rossmarkt wieder heimsuchen. Er werde ein islamisches Totengebet für Osama bin Laden sprechen, kündigte der 32-Jährige im Internet an. Dann wolle er über die "perverse Hinrichtung" des Glaubensbruders reden. Schließlich sei Bin Laden "eine neutrale Person"; es sei nicht bewiesen, dass er tatsächlich hinter den Anschlägen gesteckt habe.

Vogel fühlt sich offenbar stark genug für eine gewaltige Provokation. "In uns brennt es innerlich, weil die Wahrheit in uns brennt", sagt er, solch pathetische Sprüche kennt er viele. In seiner Jugend boxte er, nach seinem Übertritt zum Islam hüllt er sich in wallende Gewänder und veröffentlicht lange Predigten im Internet.

Diesmal folgte seiner Ankündigung ein Aufschrei. "Eine solche Veranstaltung darf nicht stattfinden", sagt der hessische Innenminister Boris Rhein (CDU); gemäßigte Muslime distanzieren sich von Vogel; die Stadt verbot die Kundgebung. Ob sie stattfindet, muss wohl ein Gericht entscheiden. Vorsorglich änderte der Prediger die Einladung: Auf das Totengebet will er jetzt verzichten.

Kurzer Weg zum Terror

Weil Vogel die Sprache der Jugendlichen spricht, hören sie ihm zu. Und weil hier ein Deutscher den Islam preist. Das ist gerade für jene Muslime faszinierend, die sich schief angesehen fühlen von den Einheimischen. Der Prediger aus Frechen verkündet ihnen einen extrem strengen, salafistischen Islam. Das Ziel ist laut hessischen Verfassungsschützern ein "islamischer Gottesstaat, in dem wesentliche Grundrechte keine Geltung haben sollen".

Zum Terror rufen die Salafisten nicht auf, aber der Weg dahin ist kurz. Wie kurz, zeigt das Beispiel von Arid U. Der 21-Jährige erschoss im März am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten. Er radikalisierte sich im Internet selbst mit Hilfe salafistischer Predigten. Auch mit jenen von Pierre Vogel.

Als dessen jüngster Auftritt in Frankfurt vorbei war, wollten seine erhitzten Anhänger nicht von ihm ablassen, Hunderte folgten ihm über die Fußgängerzone, skandierten "Allahu akbar" und bedrängten ihr Idol und dessen Leibwächter. Vor einem Kleidergeschäft kam es schließlich zur Schlägerei. Da stand Pierre Vogel für einen Moment inmitten der Geister, die er rief.

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