Frank-Walter Steinmeier:Präsidenten-Parcours

Eröffnung der IGA 2017

Vor der Reise durch die Republik: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender bei der IGA in Berlin.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Diplomatische Reiseplanung: Steinmeier muss bei seiner Tour durch Deutschland 16 Mal Rücksicht nehmen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Man muss sich die "Demokratiereise" des Bundespräsidenten ungefähr wie eine Schnitzeljagd vorstellen. Ziel ist es, vom Außenminister zum Bundespräsidenten zu werden, also zu einem Staatsoberhaupt für alle. Unterwegs müssen parteipolitische Fallstricke umgangen werden, es gilt die Untiefen des Bundestagswahlkampfs zu umschiffen, natürlich soll am Wegesrand auch der echte Bürger zu Wort kommen und die Demokratie zu Ehren. Zusatzaufgabe: Wer zu sehr nach sozialdemokratischem Parteibuch riecht, hat verloren.

16 Bundesländer will Frank-Walter Steinmeier bis zum kommenden Frühjahr besuchen, so gehört sich das für einen neuen Bundespräsidenten. Steinmeier hat eine Reise zu Menschen angekündigt, die sich in Deutschland für Demokratie einsetzen, insbesondere zu jungen Leuten, hieß es am Freitag im Bundespräsidialamt, und insbesondere zu Orten, an denen Demokratie anstrengend sei und manchmal auch ermüdend.

Als erstes Ziel seiner Deutschlandtournee hat Steinmeier sich Bayern ausgesucht, wenn auch wohl weniger der demokratischen Ermüdung wegen. Am Mittwoch will der Bundespräsident sich in München mit Abgeordneten und Kirchenleuten treffen, mit Schülern über Demokratie diskutieren und der Widerstandsgruppe Weiße Rose gedenken. Am Donnerstag geht es mit dem Schiff nach Herrenchiemsee, wo 1948 der Verfassungskonvent zusammentrat, um das Grundgesetz zu entwerfen, dann will Steinmeier mit Azubis in Rosenheim reden.

Die erste Station Frank-Walter Steinmeiers ist kommende Woche Bayern

Eine Portion Demokratiegeschichte, eine Portion jugendlicher Optimismus - so ungefähr stellt der Bundespräsident sich das Rezept seiner Deutschlandreise vor. Nun kann man sich natürlich fragen, warum einer wie Steinmeier ausgerechnet einem wie Seehofer die Ehre des ersten inländischen Antrittsbesuchs erweist, zwei Tage, nachdem Seehofer sich zu seiner politischen Zukunft erklärt hat. Bayern first, so dürfte Seehofer den hohen Besuch zu interpretieren suchen. Steinmeier wiederum muss den Eindruck vermeiden, er lasse sich vor Wahlkampfkarren spannen. Bayerns Ministerpräsident habe ihn einfach als Erster eingeladen, hieß es dazu am Freitag im Präsidialamt.

Nicht erwähnt wurde dort selbstredend, dass es Seehofer war, der Steinmeier - gegen Merkels Wunsch - zur Präsidentschaft verhalf, indem er ihm in der Bundesversammlung die Stimmen der CSU sicherte. Wer möchte, kann Steinmeiers Bayernbesuch also als Vergelt's Gott und Dankeschön-Tour verstehen.

Aber auch sonst wirkt der präsidiale Fahrplan im Wahljahr wie ein sorgsam ausgetüfteltes Geländespiel. Nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen reist Steinmeier vorerst nicht, sonst geriete er in Verdacht, für die SPD Wahlkampf zu machen. Nach Bayern steuert er erst einmal Niedersachsen an, dann Hessen. Erst auf Platz vier steht mit Brandenburg das erste ostdeutsche Bundesland auf der Liste. Dass der Osten länger warten müsse, sei kein politischer Vorsatz, hieß es im Präsidialamt. Sachsen-Anhalt etwa habe um Aufschub gebeten wegen des Reformationsjubiläums. Und warum, so wurden Steinmeiers Leute gefragt, führt die "Demokratiereise" erst so spät in Länder wie Sachsen, wo die Demokratiekritik besonders laut ist und Vorgänger Gauck ausgebuht wurde? Antwort: Es gebe keine Scheu vor Begegnung, aber auch keine übertriebene Risikoeinschätzung. Mit anderen Worten: Konflikte ja, aber gern etwas später.

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