Folge der Gesundheitsreform:Patienten zahlen 40 Prozent mehr zu

Die beträchtliche Steigerung meldet die Gmünder Ersatzkasse (GEK). Laut deren Arzneimittelreport 2004 gibt es zudem große regionale Unterschiede bei der Verschreibung von Medikamenten, die medizinisch kaum zu begründen sind.

Die Zuzahlungen von Patienten in der Apotheke sind nach der Gesundheitsreform um knapp 40 Prozent gestiegen.

Nach Angaben von GEK-Chef Dieter Hebel zahlten Versicherte in den ersten vier Monaten 2004 durchschnittlich 12,93 Euro für Medikamente zu, im Vergleich zu 9,34 Euro in der gleichen Zeit 2003.

Hinzu kommen für Patienten die Kosten für rezeptfreie Arzneien, die sie seit 1. Januar in aller Regel selbst zahlen müssen: Hebel gab den durchschnittlichen Wert solcher Medikamente, die früher über die Kassen abgerechnet wurden, mit etwa 13 Euro an.

GEK-Chef hält Rückgang bei Arzneikosten für dauerhaft

Da insgesamt eine kleine Minderheit von Versicherten die meisten Medikamente braucht, wird diese überdurchschnittlich mit Zuzahlungen belastet: 90 Prozent der Arzneimittelausgaben der GEK entfallen auf nur 24 Prozent ihrer Versicherten, vor allem Ältere und chronisch Kranke.

GEK-Chef Hebel riet Patienten, auch bei verschriebenen Medikamenten auf den Preis zu achten und so ihre Zuzahlungen zu drücken. Patienten zahlen seit 1. Januar zehn Prozent des Medikamentenpreises zu, mindestens aber fünf und höchstens zehn Euro. Hebel hält im Gegensatz zu anderen Kassenvertretern den Rückgang bei den Arzneimittelkosten für dauerhaft.

Patienten zahlen 40 Prozent mehr zu

Auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) machte in ihrer Reformbilanz im Kabinett einen stetigen Trend aus. Bis einschließlich April seien die Arzneiausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt um etwa 15 Prozent gesunken.

Nach Einführung der Praxisgebühr habe es zehn Prozent weniger Arztbesuche gegeben. Der Überschuss der Kassen von knapp einer Milliarde Euro im ersten Quartal schaffe Spielräume für "zeitnahe" Beitragssenkungen. Im ZDF fügte die SPD-Politikerin an, schon im Dezember, spätestens aber Anfang 2005, sei ein durchschnittlicher Satz von nur noch 13,6 Prozent zu erwarten.

"Marketing über den Rezeptblock"

Patienten werden in unterschiedlichen Regionen sehr unterschiedlich mit Medikamenten versorgt, wie der Bremer "Gesundheitsweise" Gerd Glaeske in seinem diesjährigen Arzneimittelreport für die GEK herausstreicht.

Demnach liegen die Arzneiausgaben für 100 Versicherte dieser Kasse in der Kassenärztlichen Vereinigung Nordbaden mit knapp 30.000 Euro um rund 7.000 Euro höher als in der KV Hessen mit knapp 23.000 Euro.

Dabei zeigt sich Glaeske zufolge, dass in Nordbaden besonders viele in der Wirkung umstrittene Mittel - etwa Ginkgo zur Durchblutungsförderung oder Leber- und Gallenpräparate - verschrieben werden. Glaeske vermutet bei den Ärzten "Verlegenheitsverordnungen" und "Marketing über den Rezeptblock".

Wären 2003 die umstrittenen Mittel nicht und billige Analogpräparate immer verschrieben worden, hätte die gesetzliche Krankenversicherung allein damit ihre Beitragssätze um 0,3 Prozentpunkte senken können, meinte Glaeske.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: