Föderalismus-Reform:Konsens+Konsens+Konsens+Dissens = Dissens

Warum die Neu-Organisation der Bundesrepublik vorerst gescheitert ist, aber nicht scheitern darf. Ein Kommentar von Heribert Prantl

Die Arbeiten an der Reform der deutschen Staatsorganisation sind viel zu weit gediehen, als dass sie an einem einzigen Punkt scheitern dürften. Noch nie war eine vernünftige Neuverteilung der Macht von Bund und Ländern schon so greifbar, noch nie der Knoten der Kompetenzen schon so gelockert.

Wer jetzt die erfolgreiche Reparatur des politischen Systems in Deutschland verhindert, betreibt fast so etwas wie verfassungsfeindliche Sabotage.

Die Täter sind gut auszumachen: An ihrer Spitze steht Roland Koch, der hessische Ministerpräsident. Ihm ist sein CSU-Kollege Edmund Stoiber, der die Länder vertritt und zusammen mit Franz Müntefering die Föderalismuskommission leitet, zu konsensorientiert.

Seitdem Erwin Teufel, der Regierungschef in Baden-Württemberg, in den Vor-Ruhestand getreten und in Stuttgart bis zur Übernahme der Geschäfte durch den Nachfolger Oettinger ein Machtvakuum entstanden ist, trumpft Koch auf.

Er akzeptiert die Leitlinie der Föderalismus-Reform nicht, die da lautet: Den Bundestag und die Landtage stärken, die Bedeutung des Bundesrats und des Vermittlungsausschusses schwächen.

Viele Köche verderben den Brei

Koch will sich den großen Auftritt in Berlin, im Bundesrat, nicht nehmen lassen; diese Bühne würde künftig, wenn die Reform Erfolg hat, bedeutend kleiner werden.

Roland Koch nutzt den Streit um die Kompetenzen in der Bildung dazu, seinen Anspruch auf Bundespräsenz zu demonstrieren. Im Sprichwort ist es so, dass viele Köche den Brei verderben.

Bei den Reformarbeiten an der deutschen Staatsorganisation genügt offenbar ein einziger Koch.

Die unionsregierten Länder, von Koch geführt, reklamieren im Bereich Bildung und Hochschule die totale Zuständigkeit der Länder. Der Bund soll sich aus diesem Terrain komplett zurückziehen.

Das ist nicht nur von der Sache her falsch, das ist auch machtstrategisch sonderbar. Glaubt die Union selber nicht mehr daran, dass sie in absehbarer Zeit in Berlin wieder regiert?

Weder die aktuellen noch die potenziellen Regierungsparteien im Bund können in eine Kastration der Bundeskompetenzen einwilligen; der politische Gestaltungsanspruch des Bundes wäre dahin.

Bisher hatte das Wissen darum, dass ja die Machtverhältnisse in Bund und Ländern wechseln, für ein einigermaßen gedeihliches Verhandlungsklima bei der Föderalismusreform gesorgt.

Es ist nun einmal so in einer Demokratie, dass diejenigen, die heute auf der Länderseite sitzen, schon morgen in der Bundesregierung Verantwortung tragen können und umgekehrt. Diese Überlegung hatte die Reformarbeit bisher befördert.

So kam es zu einer großen Zahl von passablen Arrangements zwischen Bund und Ländern: Bei der Neuverteilung der Erhebungs-und Ertragskompetenz von Steuern genauso wie bei der Neuverteilung der Zuständigkeiten für Hunderte von Gesetzen.

Die Störer der Reform sollten die Weihnachtspause nutzen, sich zu besinnen.

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