Flugverbot für Flughafen Zürich:Kein Fluglärm in der Nacht

Das EU-Gericht hat das deutsche Nachtflugverbot für den Flughafen Zürich für rechtens erklärt. Über Südbaden ist weiterhin von 21 bis 7 Uhr Ruhe.

Hannah Beitzer

Sie können auch in Zukunft ruhig schlafen, die Bürger von Konstanz, Waldshut, Tuttlingen und wie sie alle heißen, die südbadischen Landkreise, über die Flugzeuge den Flughafen Zürich anfliegen. Seit 2003 verbietet Deutschland den Überflug Süddeutschlands in den Nachtstunden. Die Schweiz hatte gegen die Beschränkung beim EU-Gericht in Luxemburg geklagt. Ohne Erfolg: Das Gericht wies die Klage nun ab.

Lufthansa-Swiss-Kooperation

Die Airline Swiss fliegt den Flughafen Zürich hauptsächlich an. Die Schweizer sehen sie durch das Flugverbot benachteiligt.

(Foto: ddp)

Der Streit um den Schweizer Fluglärm über deutschem Gebiet schwelt schon seit Mitte der achtziger Jahre und hat - wenngleich nicht im selben Ausmaße wie der Steuerstreit - zu einer Abkühlung der bilateralen Beziehungen geführt. Der Flughafen ist der größte der Schweiz und liegt nur 15 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. 1984 konnten sich die beiden Länder noch auf ein Abkommen zum Fluglärm einigen. Doch Mitte der neunziger Jahre nahm der Flugverkehr auf dem Zürcher Flughafen Kloten stark zu - die Deutschen verlangten eine neue Vereinbarung. Im Jahr 2000 kündigen sie den alten Vertrag.

Einen mühsam ausgehandelten neuen Staatsvertrag lehnte der Schweizer Nationalrat 2003 ab. Daraufhin verhängte Deutschland das Nachtflugverbot von 21 bis 7 Uhr an Wochentagen und von 20 bis 9 Uhr an Sonn- und Feiertagen, um die Bevölkerung im Grenzgebiet vor Fluglärm zu schützen. Seitdem brausen die Maschinen über Schweizer Köpfe auf den Flughafen zu - was wiederum der dortigen Bevölkerung nicht gefällt.

Die Schweiz wandte sich in Berufung auf das bilaterale Luftverkehrsabkommen zwischen der Eidgenossenschaft und der Europäischen Union an die EU-Kommission. Doch diese gab Deutschland recht. 2004 reichte die Schweiz deswegen gegen die Kommission beim Europäischen Gerichtshof Klage ein, der das Land an das EU-Gericht verwies. Vor allem die Airline Swiss, die den Flughafen Zürich hauptsächlich anfliegt, werde durch das Nachtflugverbot diskriminiert. Die deutsche Verordnung sei unverhältnismäßig.

Die Fluglärmanalyse half nichts

2008 vereinbarten die beiden Nachbarländer eine Fluglärmanalyse, die diesmal zugunsten der Schweiz ausfiel. Sie kam zu dem Schluss, dass der Zürcher Flughafen keine Lärmüberschreitungen in Deutschland verursache. Auf Schweizer Seite sei die Lärmbelastung überdies viel größer als in der deutschen Grenzregion. Die Schweiz strebte auf der Grundlage des Gutachtens eine Auflockerung der Regelungen an.

Bundespräsident Wulff besucht die Schweiz

Bundespräsident Christian Wulff ist gerade zu Besuch bei seiner Schweizer Kollegin Doris Leuthard. Den Streit um den Fluglärm sieht er als einen "Viertausender", den es zu erklimmen gilt.

(Foto: dpa)

Die süddeutschen Bewohner der Grenzregion sahen das naturgemäß anders. Auch der Lärm unterhalb der Grenze der Unzumutbarkeit sei belastend und schädlich, sagte der Waldshuter Landrat Tilman Bollacher der Stuttgarter Zeitung. Die Flughafengegner verlangten ein neues Gutachten, eine Begrenzung der Anflüge über Südbaden auf 80.000 im Jahr und wollen außerdem in Zukunft in die Entscheidungen des Flughafens eingebunden werden - wenn es zum Beispiel um Flugrouten oder eine Erweiterung des Flughafens gehe.

Ein Einsehen war auf keiner Seite zu erwarten, weswegen Klage vor dem EU-Gericht einige Bedeutung zukam. Das hat nun entschieden, dass das nächtliche Flugverbot nicht gegen das Luftfahrtabkommen zwischen der EU und der Schweiz verstößt. Die Nähe des Flughafens zu einem Fremdenverkehrsgebiet rechtfertige das Verbot. Die deutschen Maßnahmen stünden "in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Ziel". Deutschland verfüge "über keine anderen Möglichkeiten zur Lärmverringerung". Auch eine Beschränkung des Dienstleistungsverkehrs liegt laut dem Gericht nicht vor.

Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff, der gerade in der Schweiz auf Staatsbesuch ist, hat die Entscheidung gewohnt diplomatisch kommentiert. Er habe bei den Verhandlungen über den Fluglärm "gemischte Gefühle" und bis zu einer Lösung hätten die Verkehrsminister der beiden Länder noch einige "Viertausender" zu überwinden, zitiert ihn die Neue Zürcher Zeitung. "Aber die Schweizer sind ja dafür bekannt, dass sie Viertausender zu überwinden vermögen", habe er weiter gesagt.

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