Fluglotsen:Streik kommt teuer

Eine Gewerkschaft muss Schadenersatz zahlen: Beim Ausstand von 2012 wurde gegen die Friedenspflicht verstoßen.

Von Detlef Esslinger

Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) muss dem Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport AG Schadenersatz für einen Streik im Februar 2012 zahlen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am Dienstagabend entschieden. Wie hoch der Schadenersatz sein wird, muss nun das Landesarbeitsgericht Hessen klären. Die Fraport hatte die GdF auf 5,1 Millionen Euro plus Zinsen verklagt.

Dass eine Gewerkschaft wegen eines Streiks auf Schadenersatz verurteilt wird, kommt in Deutschland relativ selten vor. In diesem Fall kam der Erste Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsidentin Ingrid Schmidt zu der Auffassung, die GdF habe damals gegen die Friedenspflicht verstoßen. Sie hatte zum 31. Dezember 2011 einen Tarifvertrag mit der Fraport gekündigt, mit Ausnahme von vier Paragrafen, die erst Ende 2017 kündbar waren. In dem Tarifvertrag ging es um die Beschäftigten des Vorfelds und der Verkehrszentrale auf dem Frankfurter Flughafen. GdF und Fraport wurden sich in ihren Verhandlungen nicht einig, deswegen zogen sie einen Schlichter heran, den früheren Ersten Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust (CDU). Auf der Grundlage der Schlichtungsverhandlungen gab von Beust eine Empfehlung, die auch Ergänzungen zu den ungekündigten Paragrafen des Tarifvertrags enthielt. Darin wurde zum Beispiel der Anspruch auf Kuren geregelt, sowie die Frage, auf welchen Job und zu welchen Konditionen ein Vorfeldlotse wechseln darf, der für seinen bisherigen Job zu krank ist.

Den Fehler, der ihr nun zum Verhängnis wurde, beging die GdF am 15. Februar 2012: Sie rief zu einem Streik auf, um die gesamte Schlichtungsempfehlung durchzusetzen - also auch diejenigen Teile, die sie nicht kündigen konnte und bei denen sie in der Friedenspflicht war. Die Fraport versuchte zunächst mehrere Tage lang, den Streik abzuwehren, zog dann aber doch noch vors Frankfurter Arbeitsgericht. Dieses erklärte den Streik für rechtswidrig und stoppte ihn.

Lufthansa und Air Berlin scheitern hingegen mit ihrer Klage

Im Zuge dieses Erfolgs ging dann die Fraport - und mit ihr die Fluggesellschaften Lufthansa und Air Berlin - weiter und verklagte die GdF auf Schadenersatz. Vor dem Arbeitsgericht und dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) scheiterte sie damit noch. Die Richter des LAG fanden, dazu hätte die Fraport vor dem Streik versuchen müssen, diesen verbieten zu lassen, nicht aber erst nach mehreren Tagen. Vor dem BAG bekamen nun zwar nicht Lufthansa und Air Berlin, wohl aber die Fraport Recht.

Die Erfurter Richter meinten, das müsse ein Arbeitgeber selbst entscheiden dürfen: ob er zunächst versuche, einen Streik auszusitzen und erst später vor Gericht ziehe, oder ob er diesen Weg gleich wähle. Sie verwarfen das Argument der GdF, dass die Streikschäden auch dann entstanden wären, wenn sie nur für Ziele gekämpft hätte, bei denen keine Friedenspflicht bestand. Mit diesem Urteil entschied das Bundesarbeitsgericht zum ersten Mal, dass ein Streik im Ganzen rechtswidrig ist, wenn er teilweise rechtswidrige Ziele verfolgt. Die Klage der beiden Fluggesellschaften wies das Gericht hingegen zurück. Sie seien nur "Drittbetroffene" des Streiks gewesen - womit die Richter ausdrückten, dass es zum allgemeinen unternehmerischen Risiko gehöre, Leidtragender eines Streiks gegen Dritte zu sein.

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