Flüchtlingspolitik:Was Merkels Ägypten-Reise so heikel macht

Flüchtlingspolitik: Blick über den Moloch Kairo mit seiner Lebensader, dem Nil.

Blick über den Moloch Kairo mit seiner Lebensader, dem Nil.

(Foto: AFP)
  • Mit ihrem Ägypten-Besuch am Donnerstag will die Kanzlerin mehr Kooperation in der Lösung von Migrationsfragen erreichen.
  • Kairo hat bereits deutlich gemacht, dass es sich in der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber aus anderen Staaten nicht bewegen will.
  • Merkel hat das Land zunächst ein "stabilisierendes Element" in der Region genannt - doch der Erfolg ihrer Reise ist ungewiss.

Von Stefan Braun, Berlin, Paul-Anton Krüger, Kairo

Reisen einer Bundeskanzlerin sind immer von Problemen umgeben, und doch dürfte der Trip, der Angela Merkel am Donnerstag nach Ägypten und am Freitag nach Tunesien führen wird, zu den ganz besonders schwierigen zählen. In einer Zeit, in der sich unmissverständlich zeigt, wie heikel die Flüchtlingszusammenarbeit mit der Türkei ist, reist Merkel nach Kairo, um auch dort eine stärkere Kooperation im Kampf gegen Migrationsströme zu erreichen. Und das in einem Land, in dem ein Regime herrscht, das dem von Ankara kaum nachsteht. Auch in Ägypten kämpfen Journalisten, Opposition und Zivilgesellschaft gegen die Beschneidung demokratischer Rechte; deshalb ist auch dieses Land ein komplizierter Partner und wird vielleicht ein noch heiklerer werden.

Kairo will abgelehnte Asylbewerber nicht zurücknehmen

Aus diesem Grund kann es kaum überraschen, dass die Bundesregierung vor der Reise sehr allgemein bleiben will bei all dem, was sie eigentlich unbedingt erreichen möchte. Man stehe bereit, Ägypten beim Grenzschutz zu helfen; man sei entschlossen, das Land am Nil bei der Versorgung von Flüchtlingen zu unterstützen. Und dazu würde man gerne auch Fortschritte beim Thema Rückführung erzielen, heißt es aus der Bundesregierung. Dass sich dahinter auch scharfe Konflikte verbergen können, wird natürlich nicht so hervorgehoben.

Dabei hat Kairo jedenfalls bis jetzt deutlich gemacht, dass es sich insbesondere bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber aus anderen Staaten keinesfalls bewegen möchte. Hinter den Kulissen hat es zu diesem Thema zuletzt schon zahlreiche Konsultationen gegeben; auch enge Mitarbeiter Merkels sind dafür in Kairo gewesen. Aber ob es wirklich Fortschritte geben wird, ist nicht sicher.

Gleiches gilt für alle Fragen, die sich derzeit mit Blick auf Ägyptens Gesellschaft ergeben. In Berlin heißt es zwar, eine Öffnung der Gesellschaft sei wichtig, weil am Ende ja auch das "eine migrationspolitische Dimension" habe. Trotzdem ist nicht sicher, ob Merkel Erfolg haben wird. Am ehesten kann sie beim Streit über die Arbeit der deutschen politischen Stiftungen etwas erreichen. Sie könnten nach langen Verhandlungen nun doch sehr bald einen einigermaßen verlässlichen rechtlichen Rahmen erhalten. Ob damit aber auch das Problem um die beiden verurteilten Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung gelöst wird, vermag offenbar - noch - niemand zu sagen.

Der Papst der Kopten gilt als moderate Stimme im Land

Darüber hinaus will sich die Kanzlerin für eine Öffnung des Nadeem Centers einsetzen. Dieses Zentrum für Folter- und Gewaltopfer in Kairo war Anfang Februar von der Polizei geschlossen worden, zählt aber zu den besonders wichtigen Nichtregierungsorganisationen. In einer Antwort auf die schriftliche Frage der Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die Regierung, die Schließung des Zentrums reihe sich ein "in eine Serie von repressiven Maßnahmen" gegen Menschen und Organisationen, die sich für Menschenrechte und Grundfreiheiten einsetzen würden. Deshalb werde die Regierung das ansprechen, kritisieren und sich für eine Wiedereröffnung einsetzen, schreibt sie an Brantner. Die Grünen-Politikerin selber betonte angesichts des Streits über das Zentrum, schon "ein Nachdenken" über ein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten verbiete sich.

Um bei allen Problemen auch etwas Positives mitzubringen, wird Merkel den koptischen Papst und den Großscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo treffen. Beide gelten als moderate Stimmen im Land und sollen auch belegen, dass zumindest das Regime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi religiösen Minderheiten wie den Kopten Schutz bietet. Zuletzt hatte Merkel erklärt, Ägypten sei ein "stabilisierendes Element" in der Region - obwohl es zuletzt eine Serie von Angriffen auf Christen im Nord-Sinai und einen Anschlag auf eine Kirche in Kairo gegeben hatte. Auch sollte es ein Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft geben.

Weniger problematisch dürfte Merkels nächste Station sein: Tunesien

Deutlich weniger problematisch ist die zweite Station des Besuchs in Tunis. Zwar gibt es auch gegen die dortige Regierung Vorwürfe, im Zuge des immer noch geltenden Ausnahmezustands bei der Verfolgung von Terrorverdächtigen Menschenrechte verletzt zu haben. Tunesien bleibt aber der einzige Staat in der Region, der sich nach den Aufständen des Jahres 2011 zu einer Demokratie entwickelt hat.

Allerdings steckt die dortige Regierung der nationalen Einheit nach dem Austausch eines Ministers am vergangenen Wochenende in der Krise, deren Ausgang noch längst nicht klar ist. Geplante Wirtschaftsreformen verzögern sich; der Internationale Währungsfonds (IWF) hält deswegen eine Kredittranche zurück. Es gibt Streit über Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst und die Privatisierung von Banken. Ägypten, Tunesien und Algerien arbeiten als Nachbarn Libyens zudem an einer Lösung der Krise dort; ein geplanter Besuch Merkels in Algier wurde aber abgesagt.

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