Flüchtlingspolitik:Merkels neuer Ton

Leistungskürzungen, Abschiebungen nach Afghanistan: Minister von SPD und CDU folgen der Kanzlerin und wollen mehr Härte gegen Asylbewerber.

Von S. Braun und T. Öchsner, Berlin

Die Bundesregierung verschärft sukzessive ihre Signale und ihre Tonlage gegenüber Flüchtlingen. Am Montag kündigte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in Berlin an, dass sie die scharfen Regeln für Hartz-IV-Empfänger künftig auch auf Asylbewerber und das Asylbewerberleistungsgesetz übertragen möchte. Gleichzeitig machte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bei einem Besuch in Afghanistans Hauptstadt Kabul klar, dass er einen Großteil der Flüchtlinge aus diesem Land lieber früher als später wieder zurückschicken würde.

Damit setzt sich ein Trend fort, den die Bundeskanzlerin und ihr Kanzleramtsminister zuletzt schon vorgegeben haben. Merkel hatte erklärt, dass die meisten der knapp eine Million Flüchtlinge, die 2015 in Deutschland Schutz gesucht hätten, nach Ende der Bürgerkriege in ihre Heimat zurückkehren müssten. Kanzleramtschef Peter Altmaier hatte herausgestellt, dass sich die Bundesregierung darum bemühe, straffällig gewordene Ausländer und Asylbewerber auch in sichere Drittstaaten abzuschieben, sollten sich die Herkunftsländer weigern, die Verurteilten zurückzunehmen.

Nicht alle Ankündigungen sind neu. Aber anders als in der Vergangenheit rücken klare Warnungen und Forderungen an die Flüchtlinge mehr und mehr in den Vordergrund, während sie im Herbst eher nebenbei erwähnt wurden. Nach dem Abschluss des zweiten Asylpakets Ende der vergangenen Woche setzt die Regierung nun offenkundig darauf, unterhalb der Schwelle eines offenen Kurswechsels alles zu unternehmen, um den bislang als besonders freundlich wahrgenommenen Ton gegenüber den Flüchtlingen zu ändern. Dazu passt der Vorschlag von Nahles.

Die SPD-Politikerin spricht sich dafür aus, Flüchtlingen, die sich nicht integrieren wollen, Leistungen zu kürzen. "Wer Hilfe benötigt, bekommt sie, aber es gibt keinen Anspruch auf leistungslose Unterstützung", sagte Nahles am Montag. Sie wies darauf hin, dass es für Hartz-IV-Empfänger - unabhängig von ihrer Herkunft - Sanktionen gibt, falls sie mit dem Jobcenter nicht kooperieren oder jede Arbeit ablehnen. Dieses Prinzip des Förderns und Forderns will die Politikerin nun auf das Asylbewerberleistungsgesetz übertragen. Asylbewerbern mit einer Bleibeperspektive, die einen Sprach- oder Integrationskurs ablehnen, könnten die Behörden dann Asylleistungen streichen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber kündigte an, diesen Vorschlag, "positiv zu begleiten". Damit ist klar, dass Union und SPD an dieser Stelle das gleiche Ziel verfolgen.

Als Reaktion auf die Ereignisse aus der Silvesternacht in Köln fordern einflussreiche Sozialdemokraten zudem, den Sicherheitsapparat personell massiv auszubauen. In einem Papier des Seeheimer Kreises fordert der konservative SPD-Flügel, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Bundeswehr mit Tausenden zusätzlichen Stellen zu stärken. "Unser demokratischer Rechtsstaat darf angesichts der wachsenden Gewalt und Kriminalität nicht handlungsunfähig oder wehrlos erscheinen", sagte der Sprecher des Kreises, Johannes Kahrs, der SZ.

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