Flüchtlingskrise:Gauck nennt Integration eine "Kraftanstrengung"

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Joachim Gauck im Gespräch mit Syrerin. (Foto: AFP)
  • Bundespräsident Gauck nennt Integration eine "Kraftanstrengung", bei der auch "unpopuläre Entscheidungen" notwendig seien.
  • Er lobt ehrenamtliche Helfer und warnt auch vor einzelnen Extremisten unter den Flüchtlingen.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Bundespräsident Joachim Gauck stimmt Deutschland auf erhebliche Anstrengungen bei der Integration von Flüchtlingen ein. "Es ist eine Kraftanstrengung, wie sie die Bundesrepublik selten meistern musste. Auch unpopuläre Entscheidungen und unbequeme Schritte werden notwendig sein", sagte Gauck bei der Eröffnung der Interkulturellen Woche der Kirchen in Mainz. Die Aufgaben könnten bewältigt werden. Allerdings helfe es nicht, die Augen davor zu verschließen, dass es außer enormer Hilfsbereitschaft auch Ängste, Konflikte und Verteilungskämpfe geben werde. "Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich", sagte Gauck.

Die Interkulturelle Woche ist eine Initiative der Kirchen, die Vorurteile gegen Einwanderer abbauen will. In diesem Jahr steht sie unter dem Motto "Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt". Nach einem ökumenische Gottesdienst im Mainzer Dom, an dem am Sonntag die Spitzenvertreter der Kirchen teilnahmen, sprach Gauck bei einem Festakt in der Mainzer Staatskanzlei, und zwar ausschließlich über die aktuelle Lage der Flüchtlinge.

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"Was wir sehen, beunruhigt viele und fordert uns alle heraus", sagte der Bundespräsident. Dass die Bundesregierung Zehntausende Flüchtlinge aus Ungarn habe einreisen lassen, sei eine "sehr verständliche, menschliche Entscheidung" gewesen. Sie sei "auf begeisterte Zustimmung, aber auch auf deutliche Reserve, ja sogar Ablehnung" gestoßen. Aus einigen Nachbarländern kämen Warnungen, "rechtliche Standards würden durch Entscheidungen aus dem Herzen heraus verwässert". Und auch im Inland gebe es Diskussionen.

"Tief beeindruckt" vom Engagement der Helfer

Er sei "tief beeindruckt" vom Engagement der Helfer, sagte Gauck. Auch mit großer finanzieller Hilfe aber seien nicht alle Konflikte zu verhindern. "Wenn Menschen zu Hunderttausenden zu uns kommen, aus einem fernen Land mit einer fremden Kultur, ihre ganze Habe in einer Plastiktüte, dann kommen mit den Menschen Herausforderungen - und, ja, Konflikte. Das ist ganz unvermeidlich." Ein Wettbewerb um billige Wohnungen sei absehbar, womöglich auch um Kindergarten- und Schulplätze. Wer die Aufnahmebereitschaft der Deutschen erhalten wolle, müsse dafür sorgen "dass die einen wie die anderen sich nicht übervorteilt" fühlten. Die "Aufrechterhaltung der inneren Ordnung" sei Bedingung für ein friedliches Miteinander.

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Die allermeisten Flüchtlinge brächten "Elan und Ehrgeiz" mit und seien eine Chance für Deutschland, sagte Gauck. Es kämen aber auch solche, die "unter Freiheit nur Schrankenlosigkeit verstehen" und "in den Traditionen und Rechtstraditionen ihrer Herkunftsregionen verharren". Um sie müsse ganz gezielt geworben werden. Auch mit einzelnen Extremisten sei zu rechnen. "Gotteskrieger müssen wissen: Der Rechtsstaat duldet keine Gewalt. Er wird die Täter konsequent verfolgen." Das gelte auch für Gewalttäter, die Flüchtlingsheime anzündeten: "Es gibt keine rechtsfreien Räume in diesem Land."

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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