Flüchtlingsgipfel:Länder halten de Maizière für planlos

Merkel And Feymann Discuss Migrants Crisis

Hat der Innenminister einen Plan in der Flüchtlingskrise? In den Ländern wächst die Kritik an de Maizières Krisenmanagement.

(Foto: Getty Images)
  • Die Ministerpräsidenten der Bundesländer werfen Thomas de Maizière mangelnde Organisation der Flüchtlingskrise vor.
  • Die Länderchefs kritisieren besonders die hohe Zahl offener Asylentscheidungen.
  • Die Regierung bemängelt ihrerseits das Verhalten der Länder.

Von Stefan Braun und Jens Schneider

Im Konflikt um die Bewältigung der Flüchtlingskrise wächst der Druck auf Innenminister Thomas de Maizière. Beim Gipfel der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Dienstagabend hat es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung massive Kritik am Krisenmanagement des Bundes und des politisch zuständigen Innenministers gegeben. So hätten prominente Länderchefs wie Hannelore Kraft (SPD) aus Nordrhein-Westfalen und Horst Seehofer (CSU) aus Bayern vor allem die fehlerhafte Organisation kritisiert.

Seehofer forderte, der Bund müsse endlich die Verteilung der Flüchtlinge übernehmen. Kraft und andere beklagten, dass die Asylentscheidungen noch immer viel zu lange dauerten und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge viel früher und umfassender auf die Flüchtlingskrise hätte reagieren müssen. Nach Teilnehmerberichten sind Kraft, Seehofer und der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) besonders deutlich aufgetreten, die Kritik aber haben alle geteilt.

Die nicht entschiedenen Asylverfahren stapeln sich

Besonders verärgert sind die Länder in dieser Frage, weil schon beim ersten Flüchtlingsgipfel im Herbst 2014 zugesagt worden war, die Verfahrensdauer der Asylentscheide von damals sieben auf drei Monate zu senken. Derzeit liegt sie im Durchschnitt bei 5,3 Monaten. Gleichzeitig haben sich die Flüchtlingszahlen aber vervierfacht. Das Ergebnis: Die nicht entschiedenen Fälle stapeln sich, ihre Zahl liegt inzwischen schon bei knapp 300 000.

Zusätzlichen Ärger löste offenbar auch eine Liste von Liegenschaften aus, die der Innenminister als Standorte für weitere Aufnahmezentren nannte. Wie es hieß, beklagten Kraft wie Seehofer, dass dort auch Orte aufgelistet seien, die längst genutzt würden. Außerdem habe de Maizière keine Antwort auf die Frage gehabt, mit welchem Personal die Einrichtungen betrieben werden sollten. Dies habe den Eindruck verstärkt, dass die Organisation trotz täglicher Schaltkonferenzen nicht gut laufe. Selbst CDU-Politiker beklagten hinterher, es sei dem Minister nicht gelungen, den Eindruck zu erzeugen, dass es einen der Aufgabe angemessenen Plan gebe.

Bund und Länder beschuldigen sich gegenseitig

Angesichts dieser scharfen Kritik wächst im Gegenzug auch in der Bundesregierung und im Bundesinnenministerium der Ärger über die Länder. Dass nun versucht werde, alle Probleme auf den Bund zu schieben, sei der Versuch, eigene Versäumnisse zu überdecken, hieß es in Regierungskreisen.

Verwiesen wird darauf, dass zahlreiche Bundesländer sich lange Zeit geweigert hätten, abgelehnte Asylbewerber abzuschieben, während es ihnen jetzt nicht schnell genug gehen könne. Außerdem hätten auch manche Länder die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen lange Zeit nicht erhöht, sondern im Vergleich zu 2014 zunächst sogar verringert. Auch das habe erheblich zu den aktuellen Problemen beigetragen.

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