Flüchtlingsdramen:Dutzende Menschen verdursten in der Sahara

Die Fahrer wollten angeblich Ersatzteile erholen, kamen aber nie zurück: Etwa 80 Flüchtlinge aus Niger starben in der Wüste auf dem Weg nach Algerien. Gerettet werden konnten dagegen mehrere Dutzend Bootsflüchtlinge vor Lampedusa.

Tag für Tag begeben sich Flüchtlinge in Lebensgefahr - in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in einem anderen Land. Auch nach dem Tod von mehr als 400 Migranten bei zwei Havarien vor der Insel Lampedusa Anfang Oktober wagen weiter Hunderte Menschen die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer. Am Montagabend rettete die italienische Küstenwache erneut 41 Bootsflüchtlinge.

Ihr Schiff sei am Montagabend 70 Meilen südlich der Mittelmeerinsel in Seenot geraten, meldet die Nachrichtenagentur Ansa. Nach der Rettung seien die Passagiere an Bord eines Marineschiffes gebracht worden. In diesem Jahr sind bereits mehr als 36.000 Bootsflüchtlinge an den italienischen Küsten angekommen. Erst in der Nacht zum Sonntag hatte die Marine mehr als 400 Bootsflüchtlinge im Mittelmeer vor Sizilien gerettet. Mehr als 800 wurden in der Nacht zum Freitag aufgegriffen.

Für mehrere Dutzend Flüchtlinge in der afrikanischen Wüste kam hingegen jede Hilfe zu spät. Etwa 80 Menschen aus dem westafrikanischen Niger verdursteten in der Sahara. Behördenangaben zufolge waren sie mit zwei Fahrzeugen auf dem Weg nach Algerien.

Dutzende Menschen bleiben ohne Wasser in der Wüste zurück

Über den genauen Hergang und die Zahl der Toten und Überlebenden kursierten am Montag unterschiedliche Angaben. Laut dem Bürgermeister von Agadez, der größten Stadt im Norden Nigers, brachen die beiden Fahrzeuge Mitte Oktober von Arlit auf. Auf dem Weg in die südalgerische Saharastadt Tamanrassett sei eines der Fahrzeuge liegengeblieben, das zweite Fahrzeug sei daraufhin ohne die Flüchtlinge weitergefahren - angeblich um Ersatzteile zu holen.

Die Flüchtlinge seien ohne Wasser und Verpflegung in der Wüste zurückgeblieben. Nach langem Warten hätten sich die diese in kleine Gruppen aufgeteilt, um eine Oase zu suchen. Fünf von ihnen erreichten nach mehreren Tagen schließlich die Stadt Arlit und alarmierten das Militär. Als die Soldaten schließlich das kaputte Fahrzeug fanden, war es zu spät. Sie stießen einem Sprecher zufolge nur noch auf 19 völlig entkräftete Überlebende.

Unklar war, wie viele Menschen überhaupt an der gefährlichen Reise teilgenommen hatten. Der Bürgermeister sprach von mindestens 60, darunter ganze Familien. Eine Flüchtlingshelferin sagte, an Bord der beiden Fahrzeuge seien knapp 80 Menschen gewesen. Dagegen berichtete ein Überlebender dem Magazin Air Info von 82 Toten.

Niger gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Nach UN-Angaben passierten allein zwischen März und August mehr als 30.000 Flüchtlinge Agadez auf der Suche nach einem besseren Leben. Die meisten von ihnen versuchen jedoch, statt nach Algerien nach Libyen und von dort nach Europa zu gelangen. Schon der Weg bis zu den Grenzen ist gefährlich: Schlepper überlassen die Flüchtlinge immer wieder in der Wüste ihrem Schicksal, wo sie elend zugrunde gehen.

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