Flüchtlinge:Zurück auf Los

Deutsche Behörden prognostizieren eine Zunahme der illegalen Migration nach Deutschland. Das heizt die Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen an.

Deutsche Sicherheitsbehörden rechnen für die kommenden Monate mit einer Zunahme der Zuwanderung nach Deutschland. "Mehrere Indikatoren lassen einen Anstieg der illegalen Migration nach Deutschland in der zweiten Jahreshälfte erwarten", zitierte die Welt am Sonntag aus einer Analyse des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration.

Hintergrund für die Prognose des behördenübergreifenden Zentrums seien die Überfahrten über das Mittelmeer, das Erreichen der Kapazitätsgrenze in Italien, die Asylpolitik Skandinaviens sowie Feststellungen der Grenzpolizei im Juli. Vor allem in Italien reißt der Strom von Flüchtlingen, die über das Mittelmeer kommen, nicht ab. Allein in diesem Jahr haben nach Angaben des italienischen Innenministeriums mehr als 95 000 Flüchtlinge Italien erreicht - die meisten von Libyen aus.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann plädierte dafür, aus dem Mittelmeer gerettete Flüchtlinge und Migranten nach Libyen zurückzubringen. Es müsse "in Zukunft kein Automatismus mehr sein, dass jeder, der aus dem Mittelmeer gefischt wird, automatisch nach Sizilien oder Süditalien gebracht wird", sagte der CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl dem Deutschlandfunk. "Wir müssen dazu kommen, natürlich alle vor dem Ertrinken zu retten, aber sie eher wieder an die afrikanische Küste zurückzubringen." 2230 Menschen, überwiegend Afrikaner, sind allein in diesem Jahr bei der Überfahrt ums Leben gekommen. Herrmann sprach sich dafür aus, Aufnahmecamps für Flüchtlinge und Migranten in nordafrikanischen Ländern einzurichten und zu unterstützen.

Auch der CDU-Europaabgeordnete David McAllister und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderten Anlaufstellen für Flüchtlinge in Afrika. "Wenn wir mehr Menschen retten wollen, dürfen wir nicht erst auf dem Mittelmeer damit beginnen", sagte Oppermann. SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz lehnte solche Auffanglager hingegen ab. "Die Grundvoraussetzung für solche Lager wären vernünftige staatliche Strukturen - und die gibt es in Libyen nicht", warnte er. Er wolle lieber über die Stabilisierung von Libyen als Staat sprechen. FDP-Chef Christian Lindner sagte, man müsse "mit den Regierungen in Nordafrika daran arbeiten, dass auf dem Festland dort Asylanträge gestellt werden können - oder Anträge für legalen Zugang nach Europa, wenn es sich um Qualifizierte handelt."

Günter Krings (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesinnenminister, berichtete, dass sich die Rücknahmebereitschaft nordafrikanischer Staaten "seit Mitte 2016 deutlich verbessert" habe. Man erwarte "für das zweite Halbjahr 2017 daher eine deutliche Steigerung der Rückführungszahlen". Zugleich nannte er das Verhalten einiger afrikanischer Staaten südlich der Sahara inakzeptabel: "Hier erwarten wir deutlich mehr Kooperationsbereitschaft."

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