Flüchtlinge:UN-Kommissar warnt Europa vor geplantem Flüchtlingsdeal mit der Türkei

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Das Abkommen könne zu "kollektiven und willkürlichen Ausweisungen" führen, sagt der Hochkommissar für Menschenrechte. Das sei illegal.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte hat die Europäische Union aufgefordert, das geplante Flüchtlingsabkommen mit der Türkei zu überdenken. "Internationale Garantien für den Schutz der Menschenrechte dürfen nicht umgangen oder verwässert werden", erklärte Said Raad al-Hussein vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf.

Die Vereinbarung mit der Türkei über die Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland, die beim EU-Gipfel am 17. und 18. März besiegelt werden soll, könnte nach Einschätzung des UN-Hochkommissars zu "kollektiven und willkürlichen Ausweisungen führen, die illegal sind". Er werde seine Bedenken Anfang kommender Woche bei einem Besuch der EU-Kommission in Brüssel geltend machen, kündigte Al-Hussein an.

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"Wettlauf der Zurückweisung"

"Jedwede Rückführung von Menschen darf nur in Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards erfolgen", sagte er. "Ich rufe die EU auf, bei ihrem Gipfel vielmehr Maßnahmen zur Migration zu beschließen, die rechtskonform und human sind." Der UN-Hochkommissar kritisierte, dass es in Europa heute statt humanitärer Hilfsbereitschaft, wie sie im vergangenen Jahr von Deutschland demonstriert worden sei, einen "Wettlauf der Zurückweisung" gebe. Dieser werde immer stärker. Die Schließung der Grenzen für Flüchtlinge sowie ein Verfahren, das keine individuelle Prüfung von Fluchtgründen mehr ermögliche, seien jedoch Verstöße gegen internationales sowie europäisches Recht.

Der geplante Deal zwischen der EU und der Türkei sieht vor, dass die Türkei Migranten, die illegal über das Mittelmeer nach Griechenland gelangen, umgehend zurücknimmt. Im Gegenzug soll die gleiche Anzahl von syrischen Flüchtlingen legal in die EU-Staaten umgesiedelt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete den türkischen Vorschlag als "Durchbruch, wenn er realisiert wird".

Der türkische Europaminister Volkan Bozkir widersprach am Donnerstag allerdings der Auffassung, die Türkei erkläre sich bereit, alle Migranten aus Griechenland zurückzunehmen. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Anadolu sagte Bozkir, Ankara werde - sobald die griechischen Inseln von Migranten "geräumt" seien - illegal nach Griechenland gelangte Flüchtlinge zurücknehmen. Es könne sich dabei höchstens um Zehntausende handeln, nicht jedoch um Hunderttausende oder gar Millionen.

© SZ.de/dpa/pamu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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