Flüchtlinge:Schneller abschieben

Flüchtlinge: Die Bundeswehr erwägt, Transall-Maschinen (hier in Kabul) für Abschiebungen zu nutzen, wenn die Kapazitäten der Zivilflieger erschöpft seien.

Die Bundeswehr erwägt, Transall-Maschinen (hier in Kabul) für Abschiebungen zu nutzen, wenn die Kapazitäten der Zivilflieger erschöpft seien.

(Foto: Oliver Lang/AFP)

Um Bedürftigen besser helfen zu können, will die Bundesregierung den Druck auf abgelehnte Asylbewerber erhöhen.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Bundesregierung will den Druck auf alle Flüchtlinge erhöhen, die in Deutschland kein dauerhaftes Bleiberecht bekommen. So sollen die Rückführungen und Abschiebungen von Flüchtlingen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, beschleunigt werden. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch bestätigte, beschäftigt sich die Regierung und ihr Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier derzeit intensiv mit dieser Frage. Seibert betonte, dies sei angesichts der Lage zwingend erforderlich, weil "nur dann den wirklich Schutzbedürftigen auch geholfen werden kann". Offenkundig hält die Regierung dies für nötig, um der Lage Herr zu werden. Dabei wird die härtere Gangart auch als Signal an Menschen in den sogenannten sicheren Herkunftsländern verstanden. "Ihnen wollen wir zeigen, dass sie keine Perspektive auf Asyl und erst recht keine Chance auf einen längeren Aufenthalt in Deutschland haben", sagte ein hoher Regierungsbeamter der Süddeutschen Zeitung.

Diese Botschaft zeigt, in welcher Not sich die Regierung mittlerweile befindet. Auch angesichts des Drucks in den eigenen Reihen wächst die Bereitschaft, bei Menschen, die bislang aus humanitären Gründen geduldet werden, die Kriterien für eine Duldung zu verschärfen. Wie das Bundesinnenministerium erklärte, wird "intensiv darüber nachgedacht", im Bereich der sogenannten Ermessensentscheidungen die Kriterien zu verschärfen. Bislang beispielsweise kann einem abgelehnten Asylbewerber eine Duldung ausgesprochen werden, wenn er einen Ausbildungsplatz hat. Ebenfalls in den Bereich sogenannter Kann-Bestimmungen fallen nach dem Aufenthaltsgesetz dringende humanitäre Gründe, die einer Abschiebung im Wege stehen können. Bislang wurde dieser Bereich relativ breit ausgelegt. Deshalb waren auch bestimmte Krankheiten oder Probleme mit der Erlangung von Papieren Grund genug, um Flüchtlinge jedenfalls für einen gewissen Zeitraum in Deutschland zu lassen. Doch auch hier drohen Verschärfungen. Dazu gehören Pläne, für Menschen ohne Papiere so genannte laissez-passer-Dokumente auszustellen. Sie sollen offizielle Dokumente des Herkunftslands ersetzen. Bislang gehörte der Mangel an persönlichen Papieren zu den Gründen, abgelehnte Asylbewerber nicht zurückzuschicken. Noch vor wenigen Wochen wären ähnliche Überlegungen unvorstellbar gewesen. Wie es heißt, wird bislang allerdings nicht daran gedacht, auch harte Abschiebeverbote zu lockern. So dürfen Flüchtlinge nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem ihnen Gefängnis, Folter oder die Todesstrafe drohen.

Nach den jüngsten Zahlen des Ausländerzentralregisters lebten Ende September gut 194 000 Flüchtlinge in Deutschland, die ausreisepflichtig sind, darunter mehr als 140 000 Geduldete. Etwa 52 000 Menschen müssen auf alle Fälle wieder gehen, weil ihnen auch keine Duldung gewährt wurde. Tatsächlich abgeschoben wurden in diesem Jahr hingegen erst etwa 11 000 Personen.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Länder, die für die freiwillige Rückführung und im Fall der Weigerung für die Abschiebungen zuständig sind, haben in der Vergangenheit die Abschiebungen sehr unterschiedlich behandelt. Einige rot-grüne Landesregierungen, darunter Schleswig-Holstein, hatten die sogenannten Winter-Abschiebungen ausgeschlossen. Inzwischen hat das Land aber - ebenso wie Thüringen - angekündigt, in diesem Jahr auf einen Abschiebestopp zu verzichten.

215 Bürgermeister aus Nordrhein-Westfalen haben am Mittwoch einen Hilferuf an Kanzlerin Merkel und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) gesandt. Zugleich verlangten die Kommunen in einem Acht-Punkte-Plan eine Begrenzung des Zuzugs und Änderungen bei Zuständigkeiten und Organisation der Flüchtlingshilfe. In vielen Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichten fehlt schlicht das Personal, um mehr Menschen zurückzuschicken.

Aus diesem Grund plant der Bund, ihnen beim Personal zu helfen. Überlegt wird auch, Bundeswehrflugzeuge einzusetzen. Das aber soll nur geschehen, wenn keine zivilen Chartermaschinen zur Verfügung stehen sollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass dann auch die Transall eingesetzt werden könnte, ist gering. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, es kämen wohl nur reine Truppentransporter infrage, die viel mehr Kapazitäten hätten. Außerdem würden die Transall in laufenden Einsätzen benötigt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: