Flüchtlinge in Griechenland:Gestrandet in Athen - ohne Geld

Lesezeit: 2 min

Wie geht es den Griechen? Wir haben in den vergangenen Wochen bei einigen nachgefragt - hier alle Texte. Doch wie ergeht es den Flüchtlingen, die es in das Land schaffen? Der 22-jährige Moutaz ist mit einem Dutzend anderer junger Syrer gerade in Athen angekommen. Alle freuen sich, dass sie leben - doch die Krise in Griechenland sorgt bei ihnen für weitere Probleme.

Von Matthias Kolb, Athen

"Nach der Ankunft in Athen sind wir sofort zum Omonia-Platz im Zentrum gefahren. Die meisten Flüchtlinge gehen erst mal hierher. Nun haben wir ein Riesenproblem: Weil alle Banken in Griechenland geschlossen sind, funktioniert auch Western Union nicht. Also können uns unsere Familien in Syrien kein Geld überweisen, damit wir unsere Reise nach Norden fortsetzen können.

Wir sind von der Türkei aus mit einem Schlauchboot losgefahren. Es war etwa acht Meter lang, darauf zwängten sich 45 Menschen. Vier Stunden waren wir auf dem Meer, dann ist Wasser ins Boot gelaufen. Zum Glück konnte jemand einen Notruf absetzen, so dass uns die griechische Marine gerettet hat. Die haben uns auf der Insel Lesbos an Land gebracht, unsere Namen aufgenommen und uns Dokumente gegeben, mit denen wir sieben Tage legal in Griechenland bleiben können.

Ohne geöffnete Banken kein Geld für uns Flüchtlinge

Wasser oder Essen gab es nicht, wir mussten erst mal 70 Kilometer zu Fuß zum Lager in Mytilini gehen. Dort, in der größten Stadt der Insel, waren auch alle überfordert. Die Zustände im Lager waren schlimm. So sind wir so schnell wie möglich mit dem Boot nach Athen gefahren. 13 Stunden hat das gedauert und jeder musste 45 Euro bezahlen. Nun sind wir eben in der Hauptstadt gestrandet und hoffen, dass Western Union möglichst bald wieder funktioniert.

Wir sind zwölf junge Männer zwischen 18 und 24, wir können auf der Straße oder in einem Park schlafen und aufeinander aufpassen. Wir suchen uns einen Platz im Schatten, damit wir weder die Touristen noch die Menschen in den Geschäften stören. Mittagessen haben wir heute in einer nahen Kirche bekommen. Obdachlose und Flüchtlinge bekommen da wohl täglich um 12 Uhr und 16 Uhr eine warme Mahlzeit, darüber sind wir sehr erleichtert. Wir habe es übers Meer geschafft, ohne zu ertrinken. Unser Traum von einem Leben in Sicherheit und Freiheit ist näher.

Von der Athener Regierung erwarten wir uns nichts, kein Flüchtling will hier in Griechenland bleiben. Es hat sich herumgesprochen, dass es hier kaum Arbeit gibt. Ich will in die Niederlande reisen und dort mein Leben verbringen; die meisten anderen wollen vor allem nach Deutschland.

Ich bin in Damaskus aufgewachsen und habe zuletzt als Journalist gearbeitet. Immer wieder wurde ich aber gewarnt und bedroht: 'Du bist Christ und der Islamische Staat wird dich töten, wenn er Damaskus kontrolliert!' Also bin ich in die Türkei geflohen.

Wir müssen uns vor anderen Flüchtlingen schützen

Sobald unsere Familien in Syrien genug Geld überwiesen haben, werden wir weiter nach Norden aufbrechen. Wenn es möglich ist, fahren wir mit dem Zug oder Bus an Griechenlands Nordgrenze, der Bahnhof und die Busstation sind nicht weit vom Omonia-Platz entfernt. Alle sagen uns, dass man mindestens 200 Euro braucht, wenn man nach Mazedonien kommt. Von dort aus laufen wir weiter nach Serbien, dann hoffentlich über die Grenze nach Ungarn - und dann sind wir fast in Deutschland, wo die meisten von uns Asyl beantragen können.

Die Reise ist ziemlich gefährlich, gerade in Serbien sollen afghanische Flüchtlinge in den Wäldern auf andere Flüchtlinge warten. Sie haben kein Geld mehr und keine Smartphones wie wir. Sie versuchen, andere Flüchtlinge wie uns zu überfallen. Also werden wir in Gruppen von 50 bis 70 Leuten marschieren und hoffen, dass uns nichts passiert. Aber ich habe Hoffnung, Gott wird dafür sorgen, dass wir unser Ziel erreichen."

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: