Flüchtlinge in Deutschland:Rechnungshof wirft Berliner Senat Versagen am Lageso vor

Jahrelang soll der Senat rechtswidrige Praktiken bei der Unterbringung von Flüchtlingen geduldet haben - und nicht einmal die Zahl der Unterkünfte in Berlin ermittelt haben.

Der Berliner Sozialsenator Mario Czaja (CDU) soll rechtswidrige Praktiken im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) jahrelang geduldet haben. Dies zumindest werfe ihm der Berliner Landesrechnungshof in einem vertraulichen Sondergutachten vor, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet.

Demnach habe das Lageso "Gemeinschaftsunterkünfte in Betrieb genommen, bevor die Vertragsverhandlungen abgeschlossen sind". Die Fachaufsicht, also der Senator, habe über Jahre nicht eingegriffen, obwohl diese rechtswidrige Praxis ihr bekannt gewesen sei. Damit sei die Senatsverwaltung ihren "gesetzlichen Aufgaben bei der Unterbringung von Flüchtlingen nicht hinreichend" nachgekommen, heißt es in dem Papier, das dem Senator seit Oktober vorliegt.

Zudem habe die Verwaltung gewusst, dass die Zahl der Flüchtlinge seit Jahren ansteigt, aber "weder auf ministerieller noch auf operativer Ebene die Unterbringung geplant und gesteuert".

Nicht einmal der Senat kennt die Zahl der Unterbringungsplätze

Das Lageso versäume es, die notwendigen Daten zu ermitteln. Der Senat wisse nicht einmal mit Sicherheit, wie viele Unterbringungsplätze es in Berlin überhaupt gebe. Für die Unterbringung traumatisierter Flüchtlinge seien keine Standards festgelegt worden.

Außerdem fand der Rechnungshof Belege, dass Dienstleistungsentgelte "intransparent veranschlagt" würden und im "krassen Missverhältnis zur eingekauften Dienstleistung" stünden.

Die Sozialverwaltung wollte sich laut Spiegel nicht zu den Vorwürfen äußern, habe aber darauf hingewiesen, dass offenkundige Missstände abgestellt worden seien oder gerade angegangen würden.

Das Lageso steht seit Wochen in der Kritik, nicht genügend Kapazitäten für die Registrierung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. Vor dem Amt zelteten zum Teil hunderte Flüchtlinge tagelang bei niedrigen Temperaturen.

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