Flüchtlinge:Improvisation im Amt

Es rächt sich, dass die Politik die Flüchtlingszahlen drücken wollte.

Von Roland Preuß

Mit einer solchen Bilanz wäre ein Konzernchef nicht mehr lange im Amt: Ein großer Teil der Asylbescheide, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausstellt, wird von den Verwaltungsgerichten kassiert. So hat es gerade das Bundesinnenministerium eingeräumt. Das ist in mehrfacher Hinsicht misslich: Der Bund produziert zu Tausenden mangelhafte Asylentscheidungen, die Gerichte werden mit Klagen überhäuft und Flüchtlinge schweben oft monatelang in Unsicherheit.

Die Bilanz spiegelt die Überforderung in der Flüchtlingskrise wider. Mit den anschwellenden Flüchtlingszahlen wuchs der Druck, über Asylgesuche möglichst schnell zu entscheiden. Die Schlagzahl wurde erhöht, man arbeitete mit Textbausteinen. In der Not wurde improvisiert, das war oft nicht solide. Für die Mammutaufgabe, mehr als eine Million Asylanträge zu prüfen, stellte der Bund Tausende neue Mitarbeiter ein, die teilweise erst einmal keinen Schimmer vom Asylrecht hatten. Auch darunter litt die Qualität der Entscheidungen.

Hinzu kommt: Man hat im Asylverfahren härtere Maßstäbe angelegt, etwa bei Afghanen. Das war erklärter politischer Wille von Union und SPD schon im Herbst 2015. Später folgte die Entscheidung gegen den Familiennachzug vieler Syrer, die mit Klagen reagierten. Die Koalition reizte alles aus, um die Flüchtlingszahlen nach unten zu drücken. In vielen Fällen ohne eine Basis zu schaffen, die vor Gericht Bestand hat.

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