Flüchtlinge:Helfen und zahlen

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Der Bundesinnenminister lehnt Forderungen der Länder ab, mehr Geld für Flüchtlinge bereitzustellen. Dabei sei deren Versorgung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sagt Linken-Politikerin Petra Pau.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Die Linken-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau gehört zur kleinen Zahl von Abgeordneten, die regelmäßig Asylbewerberheime besuchen und sich für Flüchtlinge einsetzen. Pau, die in ihrem Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf deshalb von Rechtsextremisten bedroht wird, hört bei ihren Besuchen immer öfter Klagen von Gemeinden, die binnen kürzester Zeit öffentliche Gebäude für Flüchtlinge bereitstellen müssen. Die Lebensumstände in Turnhallen sind oft erbärmlich, auch Ressentiments von Anwohnern programmiert. Das kann sich nur ändern, meint Pau, wenn der Bund sich stärker engagiert, auch finanziell.

"Die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen ist ohne Wenn und Aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Dafür trägt der Bund die Verantwortung, zu der er sich endlich bekennen muss", sagte Pau am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. "Was die Bundesregierung bisher tut, reicht hinten und vorne nicht." Es helfe auch nichts, wenn der Bund sich angesichts lauter werdender Forderungen nach mehr finanzieller Hilfe nur auf die geltende Rechtslage berufe.

500 000 Flüchtlinge werden nach Berechnungen der Länder 2015 nach Deutschland kommen, der Bund hat dagegen 300 000 vorhergesagt. Bund und Länder streiten nun um die Kosten für die Unterbringung, Sprachkurse und die Versorgung einer wachsenden Zahl von Flüchtlingskindern. Im Dezember einigte man sich darauf, dass der Bund für 2015 und 2016 jeweils 500 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellt als geplant. Die Hälfte fließt als Direkthilfe, die andere in Form von Krediten, die die Länder zurückzahlen müssen. Das aber reiche nicht, meinen die Innenminister der Länder, die am vergangenen Donnerstag weitere Mittel forderten; die Lage habe sich zugespitzt. Auch sei mehr Personal nötig, um die Bearbeitung von Asylanträgen zu beschleunigen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erteilte diesen Forderungen am Wochenende eine Absage. Die letzte Erhöhung der Mittel sei noch nicht einmal vier Monate her. "Wir waren uns einig, dass dies für die Jahre 2015 und 2016 eine 'ausgewogene und abschließende' Regelung ist", sagte der Minister dem Tagesspiegel am Sonntag. "Ich sehe jetzt keinen Grund, von dieser Vereinbarung abzuweichen." Wenn Politiker einander Vorwürfe machten, statt gemeinsam die Probleme zu lösen, könne das "die Akzeptanz der Bevölkerung sehr schnell verringern und politisch den Rechtsextremen nutzen".

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) warnte angesichts der Flüchtlingszahlen vor Massenunterkünften. "Wir müssen aufpassen, dass wir keine riesigen Flüchtlingsghettos wie in Jordanien schaffen", sagte er der Welt am Sonntag. Der Bund müsse für schnellere Asylverfahren sorgen und notfalls Beamte anderer Verwaltungen dafür abstellen. "Wenn wir nicht wollen, dass nach den nächsten Kommunalwahlen in jedem Kommunalparlament zehn Nazis sitzen, dann ist es hohe Zeit, den Ländern und Kommunen zu helfen."

© SZ vom 30.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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